Das Gebet, das das Schicksal der Verstorbenen ändern kann (und die Kirche erlaubt es)

Einführung: Ein Geheimnis der Barmherzigkeit

In der Stille eines Friedhofs, vor einem schlichten Grab oder in der Intimität unseres Gebets stellt sich eine Frage, die die Jahrhunderte durchzieht: Können wir etwas für die tun, die diese Welt verlassen haben? Die Antwort der Kirche ist ein klares Ja. Nicht nur können wir für sie beten, sondern unsere Gebete und Opfer können ihre Läuterung erleichtern und sogar ihr ewiges Schicksal verändern.

Dieser Artikel erforscht eine der tröstlichsten und doch am wenigsten verstandenen Praktiken der katholischen Tradition: die Ablässe für die Verstorbenen. Eine Lehre, die in der Heiligen Schrift verwurzelt ist, in der Tradition entwickelt wurde und heute noch als Akt der übernatürlichen Nächstenliebe relevant ist.


1. Was sind Ablässe?

Bevor wir vertiefen, wie sie den Verstorbenen helfen, ist es wichtig zu verstehen, was ein Ablass ist. Nach dem Katechismus der Katholischen Kirche (1471):

„Der Ablass ist der Erlass zeitlicher Sündenstrafen vor Gott für Sünden, deren Schuld bereits vergeben ist. Ihn erlangt der entsprechend disponierte Gläubige unter genau bestimmten Voraussetzungen durch die Hilfe der Kirche.“

Mit anderen Worten: Obwohl die Sünde in der Beichte vergeben wird, bleibt die „zeitliche Strafe“ (die Folgen der Sünde), die in diesem Leben oder im Fegefeuer gesühnt werden muss. Die Kirche, als Verwalterin der geistlichen Schätze Christi und der Heiligen, kann Ablässe gewähren, um diese Strafe zu erlassen.

Arten von Ablässen

  • Vollkommener Ablass: Tilgt die gesamte zeitliche Strafe.
  • Teilablass: Erlass eines Teils der Strafe.

2. Ablässe für die Verstorbenen: Ein Liebesakt, der den Tod überwindet

Das Dogma vom Fegefeuer (definiert auf den Konzilien von Lyon II und Trient) lehrt, dass viele Seelen, obwohl gerettet, eine letzte Läuterung benötigen, bevor sie in den Himmel eintreten. Unsere Gebete und guten Werke können ihnen helfen.

Wie funktioniert das?

Die Kirche erlaubt den Gläubigen, Ablässe (besonders vollkommene) den Seelen im Fegefeuer zuzuwenden. Dies ist keine „Magie“ oder ein „geistlicher Handel“, sondern ein Akt der Gemeinschaft der Heiligen, wo die streitende Kirche (wir) für die leidende Kirche (die Verstorbenen) eintritt.

Bedingungen für einen vollkommenen Ablass für einen Verstorbenen

  1. Beichte (in zeitlicher Nähe zum Ablasswerk).
  2. Eucharistischer Empfang.
  3. Gebet für die Anliegen des Papstes (ein Vaterunser und Gegrüßet seist du Maria genügen).
  4. Völlige Abkehr von jeder Sünde, auch lässlicher.
  5. Verrichtung des vorgeschriebenen Werkes mit Andacht (z.B. Rosenkranzgebet auf einem Friedhof).

3. Biblische Ursprünge und Tradition

In der Heiligen Schrift

  • 2 Makkabäer 12,44-45: Judas Makkabäus befiehlt Opfer für gefallene Soldaten, was zeigt, dass „es heilsam und gut ist, für die Verstorbenen zu beten“.
  • 1 Korinther 3,15: Paulus spricht davon, „gerettet zu werden, doch so wie durch Feuer hindurch“ – eine Anspielung auf das Fegefeuer.

Bei den Kirchenvätern

  • Augustinus schrieb: „Das Gebet der Kirche oder frommer Menschen wird für die Verstorbenen erhört.“
  • Gregor der Große berichtet, wie Messen den Mönch Justus von seinen Leiden befreiten.

Im Mittelalter

Ablässe entwickelten sich als Anwendung der Verdienste Christi und der Heiligen. Das Konzil von Trient (1545-1563) verteidigte sie gegen protestantische Kritik und erklärte, sie seien kein „Handel“, sondern ein Geschenk der Göttlichen Barmherzigkeit.


4. Warum ist das heute relevant?

In einer Welt, die den Tod verharmlost oder auf „sentimentale Erinnerung“ reduziert, erinnert uns die Lehre vom Fegefeuer und den Ablässen:

  1. Der Tod zerbricht nicht die Liebesbande: Wir bleiben in Christus vereint.
  2. Gottes Gerechtigkeit ist auch Barmherzigkeit: Das Fegefeuer ist nicht Strafe, sondern Läuterung.
  3. Unsere Gebete haben reale Macht: Sie sind mehr als bloße Wünsche.

Werke, die Ablässe für Verstorbene gewinnen können

  • Friedhofsbesuch (1.-8. November, täglich vollkommener Ablass möglich).
  • Rosenkranzgebet in Familie oder Kirche.
  • Eucharistische Anbetung (mindestens 30 Minuten).
  • Bibellesung (mindestens eine halbe Stunde).

5. Schluss: Eine Gebetskette, die nie zerbricht

In jeder Messe, jedem Rosenkranz, jedem Friedhofsbesuch sagen wir unseren Verstorbenen: „Ich vergesse euch nicht. Ich helfe euch, das Licht zu erreichen.“

Sie können heute etwas für sie tun. Die Kirche gibt Ihnen die Mittel. Es fehlt nur Ihr Glaube und Ihre Liebe.

„Die Liebe deckt viele Sünden zu“ (1 Petrus 4,8). Und diese Liebe kann über den Tod hinausreichen.

Für welche Seele werden Sie heute beten?


Abschließendes Gebet für die Verstorbenen

„Gott, du hast deine Kinder durch das Blut Christi erlöst, schenke den Verstorbenen Vergebung ihrer Sünden und die Herrlichkeit deiner Gegenwart. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.“


Dieser Artikel ist nicht nur Theorie – es ist ein Aufruf zum Handeln. Die Ewigkeit wird Ihnen für Ihre Großherzigkeit danken. Beten Sie heute für sie!

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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