Der Papst, der die Demokratie verurteilte: Was Ihnen niemand über den Syllabus Errorum erzählt hat

Einführung: Ein Dokument, das die Welt erschütterte

Im Jahr 1864, auf dem Höhepunkt der liberalen Revolutionen, veröffentlichte Papst Pius IX. eines der umstrittensten und am meisten missverstandenen Dokumente der Kirchengeschichte: den Syllabus Errorum (oder „Verzeichnis der Irrtümer“). Dieser Text, der der Enzyklika Quanta Cura beigefügt war, verurteilte 80 Thesen, die als widersprüchlich zum Glauben und zur christlichen Sozialordnung angesehen wurden. Darunter eine, die bis heute für Kontroversen sorgt: die Verurteilung der liberalen Demokratie und des religiösen Relativismus.

Warum sollte ein Papst die Demokratie ablehnen? Lehnt die Kirche die Freiheit ab? Was hatte Pius IX. gegen die moderne Welt? Diese Fragen sind keineswegs nur historisch relevant – sie haben eine brennende Aktualität in einer Zeit, in der die Wahrheit relativ ist, der Glaube schwindet und Regierungen Ideologien fördern, die der katholischen Moral widersprechen.

In diesem Artikel werden wir untersuchen:

  1. Den historischen Kontext des Syllabus: Was geschah im 19. Jahrhundert?
  2. Die verurteilten Irrtümer: Warum lehnte Pius IX. die liberale Demokratie ab?
  3. Die Kontroverse und Fehlinterpretationen.
  4. Die Bedeutung des Syllabus im 21. Jahrhundert: Hat er uns heute noch etwas zu sagen?

1. Die Welt, die den Zorn von Pius IX. hervorrief

Um den Syllabus zu verstehen, müssen wir ins 19. Jahrhundert zurückkehren, eine Zeit von Revolutionen, Säkularisierung und direkten Angriffen auf die Kirche.

Die Französische Revolution und ihre Folgen

  • Die Revolution (1789) hatte Monarchien gestürzt, Priester guillotiniert und den Kult der Vernunft anstelle Gottes proklamiert.
  • Es entstanden Regierungen, die die Kirche aus dem öffentlichen Leben verdrängten, ihr Eigentum beschlagnahmten und Katholiken verfolgten.
  • Der Liberalismus (nicht im wirtschaftlichen, sondern im ideologischen Sinne) vertrat die Ansicht, dass Religion eine Privatsache sei und der Staat neutral bleiben müsse.

Das Risorgimento und der Verlust des Kirchenstaates

  • Italien vereinigte sich unter einer antiklerikalen Regierung, die die päpstlichen Territorien besetzte.
  • Pius IX., zunächst als Reformer angesehen, wurde zum großen Verteidiger der Tradition gegen revolutionäre Ideen.

In diesem Kontext war der Syllabus keine Laune, sondern eine notwendige Antwort auf eine Zivilisation, die Gott aus der Gesellschaft verbannen wollte.


2. Was genau verurteilte der Syllabus Errorum?

Das Dokument listet 80 Irrtümer auf, unterteilt in Kategorien wie:

  • Rationalismus und Naturalismus (Ablehnung der Offenbarung).
  • Religiöser Liberalismus (die Vorstellung, alle Religionen seien gleich).
  • Sozialismus und Kommunismus (verurteilt, bevor Marx Einfluss gewann).
  • Irrtümer über Kirche und Staat.

Die Verurteilung der liberalen Demokratie

Einer der meistdiskutierten Punkte ist These 80, die die Ansicht ablehnt, dass:

„Der Römische Pontifex kann und soll sich mit Fortschritt, Liberalismus und moderner Zivilisation versöhnen und Kompromisse eingehen.“

Bedeutet das, die Kirche sei gegen Demokratie? Nicht genau.

  • Pius IX. verurteilte nicht jede Form der Volksherrschaft, sondern den Liberalismus, der Gott aus dem öffentlichen Leben ausschließt.
  • Die moderne Demokratie des 19. Jahrhunderts wollte eine Gesellschaft ohne Christus aufbauen, in der die Moral durch Mehrheitsentscheidungen und nicht durch das Naturrecht bestimmt wurde.
  • Heute sehen wir die Folgen: Regierungen, die Abtreibung, Gender-Ideologie und religiöse Verfolgung fördern.

Weitere wichtige Verurteilungen

  • Uneingeschränkte Religionsfreiheit (Irrtum Nr. 15): Die Kirche kann nicht akzeptieren, dass der Irrtum die gleichen Rechte hat wie die Wahrheit.
  • Völlige Trennung von Kirche und Staat (Irrtum Nr. 55): Die weltliche Autorität darf Gott nicht ignorieren.

3. Die Kontroverse: War Pius IX. ein Reaktionär?

Der Syllabus wurde in Europa mit Empörung aufgenommen. Säkulare Kräfte nutzten ihn, um die Kirche als Feind der Freiheit darzustellen.

Häufige Fehlinterpretationen

  1. „Die Kirche hasst die Freiheit“: Falsch. Die Kirche verteidigt wahre Freiheit (die zu Gott führt), nicht Zügellosigkeit.
  2. „Der Papst wollte seine Privilegien bewahren“: Tatsächlich verteidigte Pius IX. das Recht Christi, über die Nationen zu herrschen.
  3. „Das Dokument ist veraltet“: Seine Warnungen sind heute relevanter denn je.

4. Der Syllabus im 21. Jahrhundert: Was sagt er uns heute?

Wir leben in einem neuen Zeitalter des Irrtums:

  • Die Diktatur des Relativismus (wie Benedikt XVI. warnte).
  • Regierungen, die unmoralische Gesetze durchsetzen (Abtreibung, Euthanasie).
  • Christen, die im Westen verfolgt werden – nicht durch das Schwert, sondern durch Gesetze und Zensur.

Lektionen für heute

  1. Nicht jeder Fortschritt ist gut: Die Technologie schreitet voran, aber die Moral verfällt.
  2. Demokratie ohne Gott führt zur Tyrannei: Wenn die Wahrheit zur Abstimmung steht, siegt der Irrtum.
  3. Die Kirche darf sich der Welt nicht unterwerfen: Wie Pius IX. müssen wir in der Wahrheit standhaft bleiben, selbst wenn die Welt uns als „intolerant“ bezeichnet.

Fazit: War Pius IX. ein Prophet?

Der Syllabus Errorum war kein Akt des Hasses, sondern der Liebe zur Wahrheit. Pius IX. sah, wohin die Welt steuerte, und warnte uns.

Heute, während westliche Nationen ihr christliches Erbe leugnen, der Glaube verspottet und die Familie zerstört wird, hallt der Syllabus wie ein prophetischer Ruf nach:

„Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und der Welt.“

Die Frage ist: Wem dienen Sie?


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Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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