Actuosa Participatio: Die Fülle des liturgischen Lebens in unserer Zeit neu entdecken

Der lateinische Ausdruck actuosa participatio, auf Deutsch „aktive Teilnahme“, ist ein zentrales Konzept in der liturgischen Lehre der katholischen Kirche und wurde besonders im Zweiten Vatikanischen Konzil hervorgehoben. Doch was bedeutet dieser Begriff wirklich, und wie können wir ihn heute vollständig leben? Dieser Artikel untersucht diese Lehre eingehend, ihre theologischen Wurzeln, ihre aktuelle Relevanz und praktische Wege, sie in unser tägliches Leben zu integrieren, inspiriert von der Perspektive des heiligen Thomas von Aquin.

Ursprung und Bedeutung von ‚Actuosa Participatio‘

Der Begriff actuosa participatio wird vor allem in der Sacrosanctum Concilium, der Konstitution über die heilige Liturgie des Zweiten Vatikanischen Konzils, erwähnt. Dort heißt es: „Die Kirche wünscht sehnlichst, dass die Gläubigen in der heiligen Liturgie bewusst, tätig und voll beteiligt sind“ (SC 14). Dieser Ausdruck bezieht sich nicht nur auf äußere Handlungen wie das Singen, Antworten oder das Ausüben eines liturgischen Dienstes, sondern auf die vollständige Beteiligung von Herz, Geist und Seele am österlichen Geheimnis, das gefeiert wird.

Das Ziel dieser Teilnahme ist es nicht nur, die Liturgie zu verstehen, sondern von ihr verwandelt zu werden. Die Liturgie ist eine Begegnung mit Christus, der als Haupt des mystischen Leibes uns einlädt, uns mit seinem erlösenden Opfer zu vereinen.

Theologische Perspektive: Die Sicht des heiligen Thomas von Aquin

Der heilige Thomas von Aquin bietet eine tiefgreifende theologische Grundlage, um die actuosa participatio zu verstehen. In seiner Summa Theologiae erklärt er, dass der höchste Zweck der Liturgie die Verherrlichung Gottes und die Heiligung der Menschen ist (STh II-II, q. 81, a. 1). Nach ihm muss der äußere Gottesdienst, wie Worte, Gesten und Gesänge, ein Ausdruck des inneren Gottesdienstes sein, bei dem Geist und Herz zu Gott erhoben werden.

Für Thomas ist aktive Teilnahme nicht nur eine Frage äußerer Handlungen, sondern auch der inneren Haltung. Glaube, Hingabe und Liebe sind grundlegende Einstellungen für eine authentische Teilnahme. Er betont, dass der Mensch durch die Gnade an den göttlichen Geheimnissen teilhat, die uns mit Christus als Gliedern seines Leibes verbindet.

‚Actuosa Participatio‘ im heutigen Kontext

In unserer Zeit leben wir in einer Welt, die von Ablenkungen und Lärm durchdrungen ist. Die Liturgie kann leicht zur Routine werden, wenn wir nicht die innere Bereitschaft kultivieren, sie in ihrer Fülle zu erleben. Dennoch bleibt der Ruf zur aktiven Teilnahme von entscheidender Bedeutung, besonders in einer Kultur, die das Geistliche oft vom Alltag trennt.

Es besteht auch die Gefahr, die actuosa participatio auf eine Reihe äußerer Aktivitäten zu reduzieren. Obwohl diese nützlich sein können, dürfen sie niemals das Hauptziel überdecken: eine tiefere Vereinigung mit Gott.

Wie man ‚Actuosa Participatio‘ heute lebt

  1. Innere und äußere Vorbereitung:
    Die actuosa participatio beginnt bereits vor der Ankunft zur Messe. Dazu gehört, unser Herz durch Gebet, Gewissenserforschung und, wenn nötig, das Sakrament der Beichte vorzubereiten. Thomas von Aquin betont, dass die heiligmachende Gnade wesentlich ist, um vollständig an den Sakramenten teilzuhaben.
  2. Verständnis der Liturgie:
    Das Verständnis der Gesten, Worte und Gebete der Liturgie hilft uns, eine tiefere Verbindung zu dem, was wir feiern, zu finden. Zeit zu investieren, um die Messe, das liturgische Jahr und die Schriften der Kirchenväter zu studieren, kann unsere Erfahrung erheblich bereichern.
  3. Die Liturgie mit Hingabe leben:
    Hingabe, so Thomas, ist ein Akt des Willens, der auf Gott gerichtet ist (STh II-II, q. 82, a. 1). Aktive Teilnahme bedeutet, sich bewusst zu sein, dass jedes Wort und jede Handlung einen spirituellen Zweck hat. Hingabe verwandelt Routine in Anbetung.
  4. Vereinigung mit Christus in der Eucharistie:
    Die Eucharistie ist das Herz der Liturgie. Die actuosa participatio zu leben bedeutet, sich dem Tisch des Herrn mit Glauben und Ehrfurcht zu nähern, in dem Bewusstsein, dass wir uns mit dem erlösenden Opfer Christi vereinen.
  5. Die Liturgie in den Alltag tragen:
    Die Liturgie endet nicht, wenn wir die Kirche verlassen. Sie fordert uns auf, als wahre Jünger Christi in unserem Beruf, unserer Familie und unserer Gemeinschaft zu leben. Thomas weist darauf hin, dass unsere äußeren Handlungen die innere Verwandlung widerspiegeln sollten, die wir in den Sakramenten empfangen.
  6. Eine gemeinschaftliche Spiritualität fördern:
    Die Liturgie ist eine Handlung des Leibes Christi und nicht nur ein individueller Akt. Aktive Teilnahme bedeutet auch, die Gemeinschaft mit unseren Glaubensgeschwistern zu fördern, insbesondere mit jenen, die geistige oder materielle Unterstützung benötigen.

Geistige Relevanz in unserer Zeit

In einer Welt, die vom Individualismus geprägt ist, erinnert uns die actuosa participatio daran, dass wir Teil einer Glaubensgemeinschaft sind, des mystischen Leibes Christi. Sie lädt uns ein, den Reichtum der Liturgie als unerschöpfliche Quelle der Gnade neu zu entdecken, die nicht nur unser Leben verändert, sondern uns auch befähigt, die Welt zu verwandeln.

Schlussfolgerung: Das Herz der Liturgie neu entdecken

Die actuosa participatio zu leben bedeutet, auf den Ruf Christi zu antworten, wahre Anbeter im Geist und in der Wahrheit zu sein (Joh 4,23). Es bedeutet, die transformative Kraft der Liturgie neu zu entdecken und sie in jeden Aspekt unseres Lebens einfließen zu lassen.

Als Jünger sind wir eingeladen, unsere Beziehung zu Gott durch die Liturgie zu erneuern, unsere Teilnahme am österlichen Geheimnis zu vertiefen und diese Erfahrung in die Welt zu tragen. Möge das Beispiel und die Lehre des heiligen Thomas von Aquin uns inspirieren, voll und ganz an dem göttlichen Leben teilzunehmen, das uns in jeder Messe angeboten wird. Indem wir dies tun, erfüllen wir unsere Berufung, Licht in der Welt zu sein und die Gnade auszustrahlen, die wir am Altar empfangen.

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Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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