Einleitung: Ein vergessener König und eine entscheidende Bekehrung
Wenn wir an die Ursprünge Spaniens als katholische Nation denken, kommen vielen die Katholischen Könige, die Reconquista oder der Apostel Jakobus in den Sinn. Doch Jahrhunderte vor Isabella und Ferdinand prägte ein westgotischer König das religiöse Schicksal der Iberischen Halbinsel: Rekkared I. Seine Konversion zum Katholizismus im Jahr 589 n. Chr. vereinte sein Volk nicht nur im wahren Glauben, sondern legte auch den Grundstein für die katholische Identität Spaniens.
Doch eine unbequeme Frage stellt sich: Waren Spaniens früheste Könige wirklich katholisch? Die Antwort ist komplexer als man denkt und offenbart ein faszinierendes Eingreifen des kirchlichen Lehramtes bei der Bildung von Nationen.
1. Die Westgoten: Von Arianern zu Katholiken
Vor Rekkared hingen die Westgoten dem Arianismus an, einer Häresie, die die Göttlichkeit Christi leugnete. Obwohl sie seit dem 5. Jahrhundert über Hispanien herrschten, trennte ihr Glaube sie von der hispano-römischen Bevölkerung, die katholisch war. Diese religiöse Spaltung schwächte das Königreich und schürte soziale Spannungen.
Warum ist das wichtig? Weil es zeigt, wie die vom Lehramt verteidigte doktrinelle Einheit entscheidend für politische Stabilität war. Die Kirche verstand, dass der Glaube nicht nur eine private Angelegenheit, sondern das Fundament der Zivilisation ist.
2. Das Dritte Konzil von Toledo: Als ein König vor dem Kreuz kniete
589 tat Rekkared I. etwas Revolutionäres: Er entsagte dem Arianismus und erklärte den Katholizismus zur Staatsreligion. Dieser historische Moment wurde auf dem Dritten Konzil von Toledo besiegelt, wo westgotische Bischöfe und Adlige die Lehren Roms annahmen.
Hier kommt das Lehramt ins Spiel:
- Das Konzil war nicht nur ein politischer Akt, sondern ein kirchliches Ereignis, das Schlüsseldogmen (wie die Heilige Dreifaltigkeit) gegen den Arianismus bekräftigte.
- Die hispanischen Bischöfe übten Lehrautorität in Gemeinschaft mit dem Papst aus und zeigten, wie die Kirche Königreiche formte.
Dieses heute wenig bekannte Konzil war die erste „Taufe“ Spaniens als katholische Nation, Jahrhunderte vor Covadonga oder Pelayo.
3. War Rekkared der erste „katholische“ König Spaniens?
Technisch gesehen ja – aber mit Nuancen:
- Spanien existierte noch nicht: Das Westgotenreich war vorchristlich und hatte keine modernen Grenzen.
- Seine Bekehrung war persönlich und politisch: Anders als Chlodwig in Frankreich ließ sich Rekkared nicht taufen (er war bereits als Arier getauft), sondern schwor öffentlich der Häresie ab.
Entscheidend ist, dass von da an die westgotische Monarchie an die Kirche gebunden war – ein Vorbild für spätere mittelalterliche hispanische Königreiche.
4. Die Kirche als Hüterin der Orthodoxie: Die Rolle des Lehramtes
Diese Episode enthüllt etwas, das heute viele vergessen: Die Kirche evangelisierte nicht nur Individuen, sondern ganze Königreiche. Durch Konzilien und Bischöfe definierte das Lehramt Europas Identität.
Beispiele dieses Einflusses:
- Das Liber Iudiciorum: Westgotische Gesetze, vom Kirchenrecht inspiriert.
- Religiöse Einheit als Staatsziel: Spätere Könige wie Sisebut verfolgten Juden und Häretiker – die umstrittene Seite dieses Bündnisses.
5. Lehren für heute: Warum diese Geschichte wichtig ist
In einer Zeit, wo die öffentliche Rolle des Glaubens infrage steht, erinnert uns Rekkareds Geschichte:
- Wahre gesellschaftliche Einheit erfordert Einheit in der Wahrheit (vom Lehramt stets verteidigt).
- Herrscher haben eine moralische Pflicht gegenüber der wahren Religion (wie Leo XIII. und Pius IX. lehrten).
- Häresie spaltet, Orthodoxie baut auf: Der Arianismus spaltete Europa; der Katholizismus einte es.
Schluss: Ein bleibendes Erbe
Obwohl das Westgotenreich 711 dem Islam unterlag, schuf seine Bekehrung zum Katholizismus einen Präzedenzfall. Das Spanien Isabellas der Katholischen, der Märtyrer der Reconquista und der mittelalterlichen Universitäten verdankt seine Seele jenem Moment, als ein westgotischer König vor dem Kreuz kniete.
Heute, wo manche den Glauben auf den Privatbereich beschränken wollen, ist diese Geschichte ein Aufruf, die öffentliche Rolle der Kirche zu verteidigen – so wie jene Bischöfe in Toledo.
War Rekkared der erste katholische König Spaniens? Vielleicht nicht im modernen Sinn, aber zweifellos der erste Monarch, der begriff, dass ein Königreich nur bestehen kann, wenn es vor Christus kniet.