Einleitung: Eltern gegen den Strom – seid ihr allein?
Kinder heutzutage zu erziehen ist für viele traditionell katholische Eltern eine fast heldenhafte Aufgabe. Inmitten einer Gesellschaft, die die Tugend verspottet, den moralischen Relativismus fördert und die Grundlagen des christlichen Glaubens direkt angreift, erscheint es nahezu unmöglich, heilige, starke und treue Kinder zu erziehen. Doch es ist möglich.
Dieser Artikel ist nicht nur eine Überlegung – er ist ein Überlebenshandbuch. Denn der Kampf ist real. Er ist kulturell, spirituell und moralisch. Aber es ist ein Kampf, den man gewinnen kann, wenn man ihn mit Glaube, Intelligenz, Ausdauer… und in Gemeinschaft führt.
„Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, das Wohlgefällige und das Vollkommene.“ (Römer 12,2)
I. Das Terrain verstehen: Mit welcher Welt haben wir es zu tun?
1.1. Der Feind ist nicht neu
Wir befinden uns nicht in einer beispiellosen Situation. Schon in den ersten Jahrhunderten des Christentums mussten Eltern ihre Kinder in einem korrupten, sinnlichen und kreuzfeindlichen römischen Reich großziehen. Der heilige Johannes Chrysostomos warnte: „Kinder zu erziehen ist keine kleine Sache; es ist mehr, als Städte zu regieren.“
Heute, wie damals, leben Christen in einer Kultur, die ihre Werte nicht teilt. Der Unterschied besteht darin, dass die moderne Gesellschaft über stärkere und ständige Megafone verfügt: Bildschirme, soziale Netzwerke, ideologische Schulinhalte, widernatürliche Gesetze, giftige Unterhaltung…
1.2. Die fünf großen Bedrohungen
- Moralischer Relativismus: „Jeder hat seine eigene Wahrheit“, heißt es. Das Ergebnis? Gut und Böse werden nicht mehr klar vermittelt.
- Gender-Ideologie: Die biologische Realität wird geleugnet, eine ideologische Konstruktion ohne wissenschaftliche oder anthropologische Grundlage wird aufgezwungen.
- Hypersexualisierung: Von Zeichentrickfilmen bis zu Schulbüchern – die Unschuld der Kinder wird gestohlen.
- Praktischer Atheismus: Man lebt „als ob es Gott nicht gäbe“. Selbst bei Gläubigen verkommt der Glaube zu leeren Ritualen.
- Auflösung der Familie: Die Ehe wird banalisiert, die Scheidung normalisiert, die Mutterschaft verspottet.
II. Die Mission der Eltern nach Gottes Willen
2.1. Eine Berufung, kein Zeitvertreib
Kinder zu erziehen ist nicht einfach ein Lebensprojekt oder eine persönliche Entscheidung. Es ist eine göttliche Berufung. Gott vertraut den Eltern unsterbliche Seelen an. Es geht nicht nur darum, zu ernähren, zu erziehen oder auf einen Beruf vorzubereiten. Es geht darum, Heilige zu formen, Bürger des Himmels.
„Erziehe den Knaben seinem Weg gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.“ (Sprüche 22,6)
2.2. Die Eltern: Erste Katecheten
Die Kirche lehrt, dass die Eltern die ersten Glaubensvermittler sind. Weder die Schule noch der Priester noch die Katecheten können das christliche Zuhause ersetzen. Dort lernen Kinder zu beten, zu unterscheiden, die Wahrheit zu lieben, die Sakramente zu leben und Gott zu vertrauen.
2.3. Autorität als Dienst
Es geht nicht darum, autoritär zu sein, sondern eine liebende, feste und vorbildliche Autorität auszuüben. Autorität kommt von „auctoritas“, also der Fähigkeit, wachsen zu lassen. Sie wird nicht aufgezwungen, sondern durch Kohärenz verdient.
III. Überlebensstrategie: Praktischer Leitfaden für traditionelle Eltern
Hier ist ein pastoraler und theologischer Fahrplan für Eltern, die ihre Kinder im Glauben erziehen wollen – gegen den Strom der Welt.
🔹 1. Die Ehe stärken: das Fundament von allem
- Gemeinsam beten als Ehepaar.
- Sorge für Einheit und Kommunikation: Kinder lernen mehr durch Vorbild als durch Worte.
- Die sakramentale Gnade der Ehe suchen: regelmäßige Beichte und sonntägliche Kommunion.
- Gemeinsame Weiterbildung: lesen, Exerzitien besuchen, über tiefe Themen sprechen.
„Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein.“ (Epheser 5,31)
🔹 2. Täglich gemeinsam als Familie beten
- Täglicher Rosenkranz (auch in Teilen).
- Evangeliumslesung mit den Kindern.
- Tischgebete.
- Abendgebet mit Dank und Gewissenserforschung.
Es geht nicht um bloße Rituale, sondern darum, Gott ins Zentrum des Familienlebens zu stellen.
🔹 3. Ein lebendiges katholisches Zuhause schaffen
- Sichtbare Symbole: Kruzifix, Heiligenbilder, Weihwasser, Kerzen.
- Sakrale Musik, aufbauende Lektüre, Verzicht auf toxische Inhalte.
- Liturgische Zeiten feiern: Advent, Fastenzeit, Ostern, Heiligenfeste.
Ein Kind, das in einem Haus aufwächst, in dem der Glaube geatmet wird, ist weniger anfällig für den Skeptizismus der Welt.
🔹 4. Die moralische Gewissensbildung fördern
- Gut und Böse von klein auf erklären.
- Die Gebote, Tugenden, Werke der Barmherzigkeit lehren.
- Zeigen, dass Freiheit nicht „tun, was ich will“ bedeutet, sondern das Gute wählen.
„Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8,32)
🔹 5. Auf Verfolgung vorbereiten
Ja, man muss vom Martyrium sprechen. Ohne Angst, ohne Obsession, aber realistisch. Unsere Kinder müssen wissen, dass Christus nachzufolgen etwas kostet.
- Geschichten von Heiligen und Märtyrern erzählen.
- Lehren, mit Liebe, aber auch mit Festigkeit zu antworten.
- In die Apologetik einführen: den Glauben erklären und verteidigen können.
„Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.“ (Matthäus 5,10)
🔹 6. Bildung aufmerksam begleiten und unterscheiden
- Wenn möglich: authentisch katholische Erziehung oder Homeschooling.
- Wenn nicht: stark engagiert sein: Inhalte prüfen, viel reden, wachsam bleiben.
- Unzumutbares klar benennen, mit Gebet und Dialog begleiten, Verbündete finden.
🔹 7. Umgang mit Medien und Technik lehren
- Keine Smartphones ohne Vorbereitung oder Filter.
- Internet mit Urteilsvermögen nutzen: als Werkzeug, nicht als Götze.
- Stille, Lesen, Gespräch fördern.
Der moderne Teufel kommt oft durch die kleinen Bildschirme.
🔹 8. Regelmäßiges sakramentales Leben
- Sonntagsmesse mit der ganzen Familie.
- Monatliche Beichte als Gewohnheit.
- Ernsthafte Vorbereitung auf Erstkommunion und Firmung.
- Den Kindern zeigen, dass die Eucharistie eine reale Begegnung ist, keine Routine.
🔹 9. Mit Liebe erziehen und disziplinieren
- Klare Regeln, gerechte Grenzen, angemessene Konsequenzen.
- Mit Empathie zuhören, aber sich nicht manipulieren lassen.
- Mit Sanftmut korrigieren, das Gute hervorheben, mit Hoffnung leiten.
🔹 10. Vorbild sein
Kinder glauben an Gott, weil sie sehen, dass ihre Eltern nach Seinem Willen leben. Es gibt keine wirksamere Katechese als euer Beispiel.
- Wenn sie euch beten sehen, vertrauen sie auf das Gebet.
- Wenn sie euch Nächstenliebe leben sehen, verstehen sie das Evangelium.
- Wenn sie euch gegen eure Sünden kämpfen sehen, lernen sie, gegen ihre eigenen zu kämpfen.
IV. Eine Spiritualität für Eltern an vorderster Front
Kinder gegen den Strom zu erziehen ist nicht nur ein äußerer Kampf. Es ist auch ein innerer Kampf, in dem sich die Heiligkeit der Eltern formt.
- Die Müdigkeit als kreuzförmige Gabe annehmen.
- Nicht verzweifeln angesichts von Fehlern: Gottes Barmherzigkeit ist größer.
- Geistliche Begleitung suchen.
- Kontakt zu anderen Familien pflegen, die denselben Weg gehen.
Die kirchliche Gemeinschaft ist kein „Zusatz“: Sie ist ein Rettungsanker.
Schluss: Fürchtet euch nicht!
Es ist nicht leicht. Es ist nicht bequem. Es geht nicht schnell. Aber es ist möglich, mit Gottes Gnade und einer großzügigen Selbsthingabe.
Traditionelle katholische Eltern: Ihr seid nicht verrückt. Ihr tut, was richtig ist. Auch wenn die Flut steigt, auch wenn euch die Welt „altmodisch“, „intolerant“ oder „fanatisch“ nennt – die Wahrheit veraltet nicht.
„Wer aber bis ans Ende standhält, der wird gerettet werden.“ (Matthäus 24,13)
Das Ziel ist nicht nur, gute Kinder großzuziehen. Es geht darum, heilige Kinder zu erziehen. Und es gibt kein größeres Erbe als dieses.