Die Unauflöslichkeit der Ehe: Eine Festung in einer Welt der leichten Scheidungen

Ein spiritueller Leitfaden zur Wiederentdeckung der Schönheit der treuen und ewigen Liebe


Einleitung

Wir leben in einer Zeit flüchtiger Beziehungen, zerbrechlicher Versprechen und Bindungen, die leichtfertig aufgelöst werden. Die Scheidung ist von einer schmerzhaften Ausnahme zur alltäglichen Formalität geworden. Zwischen Prominenten, die ihren Partner wie ein Kleidungsstück wechseln, und Zivilgesetzen, die die Ehe mit einem einfachen Verwaltungsverfahren lösen, scheint das Ideal des „für immer“ zu verblassen.

In diesem Kontext scheint es fast provokant, altmodisch oder gar „unrealistisch“, über die Unauflöslichkeit der Ehe zu sprechen. Und doch gibt es nichts Konterkulturelleres – und zutiefst Befreienderes – als den heiligen, ewigen und festen Sinn der christlichen Ehe wiederzuentdecken. Nicht als Bürde, sondern als leuchtende Berufung, als Fels, der trägt und heiligt.

Dieser Artikel lädt dich ein, die Ehe mit Gottes Augen zu betrachten. Zurückzukehren zu den evangelischen Wurzeln, zur Lehre der Kirche, zur Tradition, die Familien trägt. Denn wenn um uns alles wankt, ist die Unauflöslichkeit der Ehe keine Kette… sondern ein Anker.


I. Biblische Grundlage der unauflöslichen Ehe

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist keine mittelalterliche Erfindung oder kirchliche Zwangsvorschrift. Sie ist vor allem eine direkte Lehre Jesu Christi.

Als die Pharisäer den Herrn fragen, ob man seine Frau „aus irgendeinem Grund“ entlassen dürfe, antwortet Er mit kristallklarer Deutlichkeit:

„Habt ihr nicht gelesen: Der Schöpfer hat sie am Anfang als Mann und Frau geschaffen und gesagt: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.
(Matthäus 19, 4–6)

Mit diesen Worten stellt Jesus den ursprünglichen Plan der Ehe aus dem Buch Genesis wieder her. Er relativiert ihn nicht, passt ihn nicht an „neue Realitäten“ an, verwässert ihn nicht. Er erhebt ihn und versiegelt ihn mit göttlicher Autorität: „Was Gott verbunden hat…“

In der christlichen Tradition ist diese Lehre so zentral, dass sie zum Dogma geworden ist. Die sakramentale Ehe zwischen zwei Getauften ist ihrer Natur nach unauflöslich. Und obwohl das Zivilrecht von Scheidung spricht, bleibt das Band vor Gott bis zum Tod bestehen.


II. Eine Geschichte der Stärke und Treue

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche dieses Prinzip verteidigt, selbst zum höchsten Preis. Denken wir an Johannes den Täufer, der enthauptet wurde, weil er öffentlich den Ehebruch des Herodes anprangerte. Oder an den heiligen Thomas Morus, der lieber starb, als die Scheidung von König Heinrich VIII. anzuerkennen.

In den ersten Jahrhunderten des Christentums, als die römische Kultur die Scheidung als normal und erlaubt betrachtete, lebten Christen ihre eheliche Treue radikal. Diese Lebensweise war sowohl skandalös als auch anziehend. Viele Heiden konvertierten, weil sie das treue Zeugnis christlicher Ehen sahen.

Das Konzil von Trient bekräftigte im 16. Jahrhundert feierlich, dass die Ehe ein von Christus eingesetztes Sakrament und unauflöslich sei – nicht dem menschlichen Belieben unterworfen.

Heute erinnert uns der Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 1644):

„Die eheliche Liebe umfasst die Ganzhingabe der Person: Körper und Instinkt, Gefühl und Zuneigung, Wille und Geist. Sie strebt eine tief persönliche Einheit an, eine Einheit, die über die leibliche Vereinigung hinaus zu einem Herz und einer Seele führt. Sie verlangt Unauflöslichkeit und Treue in der endgültigen Selbsthingabe und ist offen für die Fruchtbarkeit.“


III. Warum ist die Ehe unauflöslich?

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist keine von außen auferlegte Last, sondern ergibt sich aus dem, was die Ehe wirklich ist:

  1. Ein Bund, den Gott selbst besiegelt
    Im Sakrament der Ehe geben sich die Eheleute nicht nur gegenseitig ein Versprechen – Gott selbst handelt als Garant und Zeuge. Das Band ist eine geistliche Realität.
  2. Ein Abbild der Liebe Christi zur Kirche
    Der heilige Paulus sagt es mit großer Kraft: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat.“ (Epheser 5, 25)
    Und wie ist diese Liebe? Treu, ewig, bedingungslos. Christus verlässt Seine Kirche nicht wegen ihrer Fehler – Er reinigt sie.
  3. Ein Gut für die Kinder
    Die Stabilität der Ehe ist kein romantisches Ideal, sondern eine echte Notwendigkeit für das gesunde Aufwachsen der Kinder. Die Familie ist die erste Schule der Liebe, des Glaubens und der emotionalen Reife.
  4. Eine Berufung zur Hingabe und zum Opfer
    Die Ehe ist ein Weg der Heiligung. Wie jede Berufung verlangt sie Anstrengung, Verzicht, das Kreuz. Doch darin liegt ihre Schönheit.

IV. Moderne Einwände und Missverständnisse

„Aber manche Ehen scheitern…“

Das stimmt. Die Kirche verschließt nicht die Augen vor Schwierigkeiten, Gewalt, Untreue oder Verlassenwerden. Deshalb gibt es die Möglichkeit der Ehenichtigkeitserklärung – die kein „katholischer Scheidungsersatz“ ist, sondern die Anerkennung, dass eine gültige Ehe nie zustande gekommen ist.

Es gibt auch pastorale Begleitung, psychologische Beratung, Unterstützungsgruppen für getrennte, aber treue Ehepartner und viele andere Initiativen, die das mütterliche Antlitz der Kirche zeigen.

„Und wenn ich schon geschieden bin?“

Der heilige Johannes Paul II. spricht in Familiaris Consortio mit großer Feinfühligkeit und Klarheit: zivilrechtlich wiederverheiratete Geschiedene sind zur christlichen Lebensführung gerufen, können aber die sakramentale Kommunion nicht empfangen, solange sie in einer aktiven neuen Verbindung leben, da ihre Situation dem Zeichen der unauflöslichen Liebe widerspricht.

Doch die Kirche weist sie nicht ab. Sie lädt zu einem Weg der Umkehr, des Gebets, der Unterscheidung ein – mit der Möglichkeit, in Enthaltsamkeit zu leben.


V. Praktische Umsetzung: Wie man die Ehe als Sakrament lebt

  1. Gemeinsam beten
    Das Gebet ist der unsichtbare Kitt, der über menschliche Grenzen hinaus verbindet. Ein Paar, das gemeinsam betet, ist stärker als tausend Ratschläge.
  2. Regelmäßige Beichte
    Die Sünde ist der große Zerstörer der Liebe. Die Beichte reinigt die Seele… und heilt die Beziehung.
  3. Die Liebe als Dienst neu entdecken
    Liebe ist kein Gefühl, sondern Dienst. Es bedeutet, sich selbst zurückzunehmen. Dem anderen die Füße zu waschen – immer wieder.
  4. An der Eucharistie teilnehmen
    Christus nährt die eheliche Liebe in jeder Messe. Die Ehe beginnt am Altar… und erneuert sich in jeder Kommunion.
  5. Geistliche Begleitung suchen
    Wir alle brauchen Hilfe. Es gibt Priester, erfahrene Ehepaare, kirchliche Bewegungen… Du bist nicht allein!

VI. Heilige Ehen: Modelle der Unauflöslichkeit

  • Die Heiligen Louis und Zélie Martin, Eltern der heiligen Thérèse von Lisieux, lebten eine Liebe voller Glauben, Zärtlichkeit und Opfer.
  • Die Seligen Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi, das erste seliggesprochene Ehepaar, führten ihr gemeinsames Gebetsleben als Herz ihres Hauses.
  • Unzählige anonyme Ehepaare, Millionen, die treu blieben trotz Krankheit, Armut, dunkler Nächte… Das sind die wahren Helden unserer Zeit.

Schlussfolgerung: Eine Flamme, die nicht verlischt

In einer Welt, in der alles wegwerfbar erscheint, leuchtet die christliche Ehe wie ein Leuchtturm. Ihre Unauflöslichkeit ist keine Last, sondern eine Gnade. Keine Gefängnismauer, sondern eine Schule der ewigen Liebe.

Wenn alles um dich herum sagt: „Lauf weg, gib auf, such dir jemand anderen“, flüstert das Evangelium: „Bleib, kämpfe, liebe bis zum Ende.“

Die wahre Liebe gibt nicht auf. Nicht weil sie nicht leidet, sondern weil sie weiß, dass die Liebe Christi stärker ist als jeder Sturm.

„Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.
(1. Korinther 13, 7–8)


Und Du?

Glaubst du an die Ehe, wie Gott sie erträumt hat?
Bist du bereit, gegen den Strom zu schwimmen?
Willst du auf Fels bauen?

Dann… dein Ja sei ein Ja, dein Nein ein Nein. Und möge die Liebe, die heute auf Erden beginnt, schon den Geschmack der Ewigkeit tragen.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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