Wusstest du, dass der Papst einst Kaffee verboten hat? Die „seltsamen“ Sünden, die die Kirche verurteilt hat

Eine historische, theologische und pastorale Reise durch die „vergessenen Sünden“, die dein Leben heute erhellen können


Einleitung: Wenn die Sünde unerwartete Formen annimmt

Im Laufe der Geschichte hat die Kirche mit großer Weisheit und feiner Unterscheidung über Moral gelehrt – oft in einer Weise, die den modernen Katholiken überrascht. Viele sind erstaunt zu erfahren, dass Verhaltensweisen, die heute als gewöhnlich oder gar belanglos gelten, in bestimmten historischen Kontexten kirchlich verurteilt oder zumindest streng gewarnt wurden. Eines der kuriosesten Beispiele ist der Kaffee, der im 17. Jahrhundert von einigen als „Getränk des Teufels“ bezeichnet wurde. Doch hinter diesen scheinbaren Kuriositäten verbergen sich tiefgründige Lehren über Sünde, Tugend, Klugheit und geistliche Unterscheidung.

Dieser Artikel lädt dich zu einer lehrreichen und zugleich seelsorgerlichen Reise durch einige dieser heute als „seltsam“ empfundenen kirchlichen Verurteilungen ein – mit dem Ziel, ihren wahren Sinn zu entdecken und aufzuzeigen, wie sie uns helfen können, unseren Glauben heute bewusster und tiefer zu leben.


Kaffee und der Papst: Hat die Kirche ihn verboten?

Die Legende von Clemens VIII.

Einer populären (wenn auch historisch umstrittenen) Überlieferung zufolge, wurde der Kaffee bei seiner Ankunft aus der islamischen Welt von vielen Christen misstrauisch beäugt, ja sogar als teuflisch betrachtet. Manche behaupteten, es sei das Getränk der Ungläubigen – eine List Satans, um Christen mit falscher Energie vom geistlichen Leben abzulenken.

Man erzählt, dass einige Prälaten wollten, Papst Clemens VIII. (1592–1605) solle den Kaffee verbieten. Doch nachdem er ihn selbst probiert hatte, soll der Papst mit feinem Humor ausgerufen haben:
„Dieses Teufelsgetränk ist so köstlich, wir sollten den Teufel überlisten und es taufen.“
Anstatt es zu verbieten, segnete er es. Der Kaffee wurde sozusagen „getauft“ und unter Christen akzeptiert – besonders in Klöstern, wo er den Mönchen half, während der nächtlichen Gebetszeiten wach zu bleiben.

Auch wenn diese Geschichte historisch nicht gesichert ist, veranschaulicht sie die Haltung der Kirche: Entscheidend ist nicht das Objekt selbst, sondern der moralische Gebrauch, der davon gemacht wird.


Warum hat sich die Kirche zu Dingen geäußert, die uns heute „unbedeutend“ erscheinen?

Sünde und Kultur

Die Kirche – in ihrer mütterlichen und pastoralen Sorge – verurteilt nicht nur schwere Todsünden, sondern kümmert sich auch um die inneren Haltungen des Herzens. Kleine Unordnungen können sich ansammeln und vom göttlichen Leben entfremden. Manche Verhaltensweisen, die uns heute trivial erscheinen, waren in ihrem ursprünglichen kulturellen Kontext moralisch, spirituell oder gesellschaftlich sehr bedeutungsvoll.

Beispiel: Im Mittelalter warnte man vor übermäßigem Gebrauch von Parfüm oder auffälligem Make-up – nicht wegen der Dinge an sich, sondern weil sie oft mit Eitelkeit oder unerlaubter Verführung verbunden waren. Heute ist das Kriterium ähnlich: Warum schmücke ich mich? Für wen? Mit welcher Absicht?


Weitere „seltsame Sünden“, die die Kirche verurteilt hat (und was sie wirklich bedeuten)

1. Zu viel Schlafen

Eine Sünde? Ja – im Übermaß.
Warum: Trägheit (Acedia) gehört zu den sieben Hauptsünden. Der hl. Thomas von Aquin beschreibt sie als eine Traurigkeit über geistliche Güter, die zur Vernachlässigung der Dinge Gottes führt.
Heute: Übermäßiges Schlafen kann ein Zeichen innerer Flucht, tiefer Traurigkeit oder der Vermeidung von Verantwortung sein.

„Liebe den Schlaf nicht, damit du nicht arm wirst.“ (Sprüche 20,13)

2. Lachen während der Messe

Eine Sünde? Nicht immer, aber früher galt es als respektlos.
Warum: Die Messe ist das Opfer Christi, kein Unterhaltungsevent. Unangebrachtes Lachen galt als Zeichen der Ablenkung oder Irreverenz.
Heute: Mit welcher Haltung nehmen wir an der Liturgie teil? Verstehen wir die Messe als heiliges Geheimnis oder als soziales Treffen?

3. Glücksspiele und Würfel

Eine Sünde? Ja – wenn sie zur Sucht führen, Betrug enthalten oder wirtschaftlichen Schaden verursachen.
Warum: Der Katechismus erklärt: „Glücksspiele oder Wetten sind an sich nicht ungerecht. Sie sind sittlich inakzeptabel, wenn sie den Spieler um das berauben, was er zum Leben braucht, oder andere in Not bringen.“ (KKK 2413)
Heute: Spielsucht ist ein reales Leiden, das Familien zerstört. Die Kirche warnte davor schon Jahrhunderte vor der modernen Psychologie.

4. Unnütze Neugier

Eine Sünde? Überraschenderweise ja.
Warum: Der hl. Augustinus nennt sie „Konkupiszenz der Augen“ – das ungeordnete Verlangen, Dinge zu wissen, die uns nicht aufbauen.
Heute: Digitaler Voyeurismus, Klatsch und Tratsch, zwanghafte Nutzung sozialer Medien – alles Ausdruck dieser Unordnung.

„Wehe euch, die ihr die ersten Plätze liebt… ihr seid wie unsichtbare Gräber.“ (Lukas 11,43–44)
Hinter Neugier steckt oft Stolz, Urteil und ein krankhaftes Kontrollbedürfnis.


Geistliche Lehren hinter diesen „seltsamen Sünden“

Die christliche Moral ist keine willkürliche Liste von Verboten. Jede Regel hat eine innere Logik, die zur wahren Freiheit und zum Leben in Fülle in Christus führen will. Was die Kirche als Sünde bezeichnet, tut sie nicht zur Repression, sondern aus Liebe zur Seele, die für Gott geschaffen ist.

Der Schlüssel liegt in der Ordnung der Liebe: Wenn etwas – so klein es auch scheint – unsere Prioritäten durcheinanderbringt, kann es ein Hindernis für die Gnade sein.

„Alles ist mir erlaubt – aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt – aber ich will mich von nichts beherrschen lassen.“ (1 Korinther 6,12)


Theologisch-pastoraler Leitfaden: Wie kann ich heute das „Unbedeutende“ geistlich unterscheiden?

1. Untersuche deine Absicht

Es geht nicht nur darum, was du tust, sondern warum du es tust. Handelt es sich um Liebe, Notwendigkeit, Eitelkeit oder Flucht?

2. Schau auf die Frucht

Jesus sagte: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Matthäus 7,16). Wenn eine scheinbar harmlose Handlung dich vom Gebet, von der Familie oder Verantwortung entfernt, überdenke sie.

3. Frag die Kirche

Vertraue nicht nur deinem subjektiven Gefühl. Tradition und Lehramt helfen, über blinde Flecken hinauszuschauen.

4. Meide sowohl Rigorismus als auch Laxheit

Nicht alles ist verboten, aber auch nicht alles erlaubt. Heiligkeit ist ein ausgewogener Weg aus Weisheit und Unterscheidung.

5. Beichte ehrlich

Warte nicht auf schwere Sünden, um zur Beichte zu gehen. Lerne, auch „kleine Unordnungen“ vor Gott zu bringen – denn oft sind sie der Anfang größerer Probleme.


Praktische Anwendungen für dein Leben

  • Führe ein tägliches Gewissenserforschungsgebet, auch zu scheinbar kleinen Dingen: verschwendete Zeit, leere Gespräche, Handynutzung.
  • Lebe mit Absicht: Selbst ein Kaffee kann Gebet sein, wenn du ihn mit jemandem in Not teilst.
  • Sei wachsam gegenüber „Unterlassungssünden“: Nicht nur was du tust, sondern auch was du bequem unterlässt, zählt.
  • Entdecke das Heilige neu: Beim Betreten der Kirche, beim Ankleiden, beim Sprechen… ehrst du die Gegenwart Gottes?

Fazit: Auch das Kleine zählt

In einer Welt, die Nachsicht verherrlicht und Gewissenserforschung verachtet, ist das Wiederentdecken dieser „seltsamen Sünden“ ein Weg zurück zum Evangelium – mit Tiefe. Nichts in unserem Leben ist Gott gleichgültig: weder Kaffee, noch unser Schlaf, noch unsere Social-Media-Nutzung.

Das christliche Leben besteht nicht aus gelegentlichen großen Gesten, sondern aus treuer Alltagstreue in den kleinen Dingen. Denn Jesus sagte:

„Wer im Geringsten treu ist, ist auch im Großen treu.“ (Lukas 16,10)

Möge dir dieser Weg helfen, nicht nur über Kurioses zu schmunzeln, sondern dein Herz ehrlich zu prüfen und dich dem Heiligen Geist zu öffnen, der jeden Winkel deines Tages heiligen will.

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Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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