Vor Gott verneigen: Die spirituelle Kraft der Ehrfurcht in der Messe

In der katholischen Liturgie hat jede Geste eine tiefgehende Bedeutung, und unter ihnen nehmen das Verneigen und die Ehrfurcht einen besonderen Platz ein. Sie sind äußere Zeichen einer inneren Haltung des Respekts, der Anbetung und der Demut vor der Gegenwart Gottes. Doch in einer Welt, in der feierliche Rituale und heilige Symbolik zunehmend in Vergessenheit geraten, ist es entscheidend, die Bedeutung dieser Gesten und ihre tiefe theologische Tragweite wiederzuentdecken.

Dieser Artikel soll über das Verneigen und die Ehrfurcht in der Messe aufklären, die Gläubigen inspirieren, die Liturgie mit größerer Hingabe zu erleben, und als Leitfaden dienen, um diese Gesten bewusst in den Alltag zu integrieren.


1. Warum verneigen wir uns und zeigen Ehrfurcht in der Messe?

Das Verneigen und die Ehrfurcht sind keine bloßen rituellen Formalitäten. Sie sind Ausdruck des Glaubens des Gottesvolkes und spiegeln eine zentrale Wahrheit des Christentums wider: Gott ist erhaben, und der Mensch als sein Geschöpf muss ihm mit Demut begegnen.

Seit biblischen Zeiten ist das Verneigen ein Zeichen der Anbetung und Unterwerfung unter Gott:

  • Im Alten Testament fielen Mose und Aaron „auf ihr Angesicht nieder“ vor der Gegenwart des Herrn (Numeri 20,6).
  • Die Weisen aus dem Morgenland „warfen sich vor ihm nieder und beteten ihn an“, als sie das Jesuskind fanden (Matthäus 2,11).
  • In der Offenbarung fallen die vierundzwanzig Ältesten „nieder vor dem, der auf dem Thron sitzt, und beten den an, der in alle Ewigkeit lebt“ (Offenbarung 4,10).

Diese Bibelstellen lehren uns, dass das Verneigen vor Gott ein äußeres Zeichen der Anerkennung seiner Größe, der Demut des Herzens und der vollkommenen Hingabe ist.

In der Messe drücken das Verneigen und die Ehrfurcht nicht nur unseren Glauben aus, sondern helfen uns auch, die spirituelle Dimension dessen, was wir feiern, tiefer zu erfassen.


2. Arten des Verneigens und ihre Bedeutung in der Liturgie

Die Kirche unterscheidet zwei Arten des Verneigens, die während der Messe praktiziert werden:

a) Neigen des Kopfes

Auch „einfache Verneigung“ genannt, besteht diese Geste in einem leichten Senken des Kopfes. Sie erfolgt in folgenden Momenten:

  • Beim Aussprechen des Namens Jesu: Der heilige Paulus sagt uns, dass sich „vor dem Namen Jesu jedes Knie beugen soll“ (Philipper 2,10). Daher sprechen wir seinen Namen stets mit Ehrfurcht aus.
  • Beim Nennen des Namens der Jungfrau Maria und der Heiligen: Dies ist ein Zeichen des Respekts gegenüber jenen, die in Heiligkeit gelebt haben und in der Herrlichkeit Gottes sind.
  • Beim Empfangen eines Segens des Priesters: Ob in der Messe oder außerhalb – das Senken des Kopfes beim Empfang eines Segens drückt unsere Bereitschaft aus, die Gnade Gottes zu empfangen.

b) Verneigung des Körpers

Auch als „tiefe Verneigung“ bezeichnet, beinhaltet sie das Vorbeugen des Oberkörpers aus der Taille heraus als Zeichen besonderer Ehrfurcht. Sie erfolgt in folgenden Momenten:

  • Während des Glaubensbekenntnisses bei der Menschwerdung: Beim Satz „und er hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden“ verneigen wir uns als Ausdruck der Anbetung des Geheimnisses der Menschwerdung.
  • Vor dem Empfang der Heiligen Kommunion: Die Kirche empfiehlt, dass sich diejenigen, die nicht knien, vor dem Empfang der Kommunion tief verneigen, um Christus in der Eucharistie zu verehren.
  • Bei der Wandlung, wenn nicht gekniet wird: In bestimmten Fällen, wenn es die örtlichen liturgischen Normen vorsehen, sollen jene, die nicht knien können, während der Wandlung des Brotes und Weines eine tiefe Verneigung machen.

3. Verneigung und Ehrfurcht in der heutigen Zeit

Wir leben in einer Gesellschaft, die das Bewusstsein für das Heilige verloren hat. Oft werden Gesten der Ehrfurcht mechanisch ausgeführt, ohne sich ihrer Bedeutung wirklich bewusst zu sein. Schlimmer noch, sie wurden aus einem falschen Verständnis von „Praktikabilität“ oder „Moderne“ heraus ganz abgeschafft.

Doch die Wiederentdeckung des Verneigens und der Ehrfurcht in der Messe hilft uns dabei:

Demut zu fördern: Sie erinnert uns daran, dass nicht wir, sondern Gott im Mittelpunkt steht.
Unsere Anbetung zu erneuern: Sie führt uns tiefer in das Geheimnis der Messe ein und hilft uns, sie mit größerer Hingabe zu erleben.
Ein Zeugnis für andere zu sein: Eine aufrichtige Geste der Ehrfurcht kann die Menschen um uns herum inspirieren, ihren Glauben intensiver zu leben.

Es ist entscheidend, dass die Gläubigen diese Zeichen nicht vernachlässigen und sie mit vollem Bewusstsein praktizieren. So wie eine Geste der Höflichkeit im Alltag Respekt ausdrückt, sind das Verneigen und die Ehrfurcht konkrete Wege, um unsere Liebe und Hingabe zu Gott auszudrücken.


4. Praktische Anwendung: Wie kann man Ehrfurcht im Alltag leben?

Das Verneigen in der Messe allein genügt nicht; die Ehrfurcht muss sich auch in unserem täglichen Leben widerspiegeln. Hier einige Möglichkeiten, dies zu praktizieren:

🔹 Ehrfurcht im persönlichen Gebet üben: Beim Gebet zu Hause können wir uns vor einem Kreuz oder einer Marienstatue verneigen, um Respekt zu zeigen.

🔹 Kindern die Bedeutung der Ehrfurcht vermitteln: Oft wurde jüngeren Generationen diese Gesten nicht beigebracht. Sie von klein auf zu lehren, sich vor dem Altar zu verneigen, mit Andacht zu knien und den Namen Jesu ehrfürchtig auszusprechen, ist ein Weg, den Glauben weiterzugeben.

🔹 Ehrfurcht beim Empfang der Kommunion zeigen: Auch wenn der Empfang der Kommunion im Stehen erlaubt ist, bedeutet das nicht, dass wir es ohne eine Geste der Anbetung tun sollten. Wer nicht kniet, sollte sich vor dem Empfang des Leibes Christi tief verneigen.

🔹 Stille und eine besinnliche Haltung in der Kirche pflegen: Ehrfurcht ist nicht nur eine körperliche Geste, sondern auch eine Haltung der Seele. Unnötige Gespräche im Gotteshaus zu vermeiden und einen Geist des Gebets zu bewahren, sind Wege, unseren Respekt gegenüber Gott auszudrücken.


Fazit: Die Ehrfurcht wiederentdecken, um unseren Glauben zu stärken

Das Verneigen und die Ehrfurcht in der Messe sind keine bloßen Formalitäten, sondern Akte der Anbetung, die unsere Beziehung zu Gott widerspiegeln. In einer Welt, die das Bewusstsein für das Heilige verloren hat, ist es wichtiger denn je, diese Gesten mit vollem Bewusstsein und Hingabe wiederzubeleben.

Wenn wir unseren Kopf beim Namen Jesu neigen, wenn wir uns innerlich vor dem Geheimnis der Eucharistie niederwerfen, dann sagen wir mit unserem Körper, was unsere Seele glaubt: Gott ist aller Lobpreis und alle Anbetung würdig.

Möge jede Verneigung eine Erinnerung an unseren Glauben sein, möge jede Geste der Ehrfurcht uns helfen, Gott näherzukommen, und möge unsere Haltung der Demut und Hingabe andere inspirieren, die Liturgie mit größerer Inbrunst zu erleben.

📖 „Kommt, lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem HERRN, der uns geschaffen hat.“ (Psalm 95,6)

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

Auch ansehen

Pfingsten in Rom: Feuerblüten über dem Pantheon

Einführung: Wenn der Himmel in Feuerblüten herabsteigt Jedes Jahr geschieht im Herzen Roms ein Wunder, …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: catholicus.eu