Kann man Liebe mieten? Leihmutterschaft im Licht des katholischen Glaubens

Einleitung: Wenn Technik das Geheimnis ersetzt

Wir leben in einer Zeit, in der scheinbar alles verhandelbar ist: Zeit, Körper, Seele… sogar die Mutterschaft. Inmitten einer Kultur, die das individuelle Verlangen über das Gemeinwohl und das Naturgesetz erhebt, hat sich eine Praxis etabliert, die – obwohl sie unter dem Deckmantel von Mitgefühl oder Fortschritt daherkommt – tiefgreifende moralische und geistliche Fragen aufwirft: die Leihmutterschaft.

Kann eine Frau „ihren Bauch vermieten“? Ist es rechtens, dass zwei Männer, die biologisch unfähig zur Zeugung sind, ein Kind wie ein Konsumgut „bestellen“? Was sagt die katholische Kirche dazu? Und vor allem: Wie kann ein Christ auf diese ethische Herausforderung mit Wahrheit, Liebe und Treue zum Evangelium antworten?

Dieser Artikel will ein klarer und tiefgehender Leitfaden sein, um die Leihmutterschaft im Licht des Glaubens zu verstehen, ihre Konsequenzen zu erkennen und eine theologisch und pastoral fundierte christliche Antwort zu leben.


I. Was ist Leihmutterschaft?

Die Leihmutterschaft (auch „Miete eines Mutterleibs“ genannt) ist ein Verfahren, bei dem eine Frau sich bereit erklärt, ein Kind auszutragen, das nach der Geburt an andere Personen – die sogenannten „Wunscheltern“ – übergeben wird, meist im Rahmen eines vertraglichen Abkommens.

Es gibt zwei Hauptformen:

  • Traditionelle Leihmutterschaft: Die Frau stellt ihre eigene Eizelle zur Verfügung.
  • Gestationelle Leihmutterschaft: Die Frau trägt lediglich den Embryo aus, der durch In-vitro-Fertilisation aus fremden Eizellen und Samenzellen erzeugt wurde.

Obwohl sie oft als „Akt der Liebe“ oder „Großzügigkeit“ dargestellt wird, handelt es sich in der Realität meist um ein vertragliches Verhältnis mit finanzieller Entschädigung, bei dem menschliches Leben zum Produkt eines Abkommens wird.


II. Kurze Geschichte: Von der Technik zum Geschäft

Was einst als medizinischer Fortschritt zur Behandlung von Unfruchtbarkeit begann, hat sich heute zu einer weltweiten Milliardendollar-Industrie entwickelt. In Ländern wie Indien, der Ukraine oder Thailand wird die Armut von Frauen ausgenutzt, um Kinder für wohlhabende Ausländer auszutragen. In anderen Ländern wie den USA oder Kanada wurde das Verfahren sogar gesetzlich geregelt, auch für homosexuelle Paare oder alleinstehende Personen.

Die Instrumentalisierung des weiblichen Körpers, die Kommerzialisierung menschlichen Lebens und die Fragmentierung der Mutterschaft (biologisch, genetisch, rechtlich) sind Kennzeichen einer Praxis, die der christlichen Anthropologie des Geschenks und der Würde der Person zutiefst widerspricht.


III. Was sagt die katholische Kirche?

Die Lehre der Kirche ist klar, fest und zutiefst menschlich: Leihmutterschaft ist moralisch unzulässig, auch wenn sie unentgeltlich erfolgt. Der Hauptgrund ist, dass sie die Würde der menschlichen Person, der Ehe und des Kindes verletzt.

Die Instruktion Donum Vitae (1987) erklärt:

„Die Leihmutterschaft stellt eine objektive Verletzung der mütterlichen Liebe, der ehelichen Treue und der elterlichen Verantwortung dar; sie verletzt die Würde und das Recht des Kindes, von seinen eigenen Eltern gezeugt, ausgetragen, geboren und erzogen zu werden.“

Die Instruktion Dignitas Personae (2008) bekräftigt und vertieft diese Position: Das Kind soll Frucht eines ehelichen Liebesaktes sein, nicht das Ergebnis technischer Verfahren oder vertraglicher Absprachen.

Biblisches Zitat:

„Du hast meine Nieren geschaffen, mich im Schoß meiner Mutter gewoben.“ (Psalm 139,13)

Dieses Wort des Psalmisten drückt aus, dass unser Ursprung heilig ist – eine persönliche Schöpfung Gottes, nicht ein technisches Produkt.


IV. Theologische Tragweite: Warum ist es ein Problem?

Die Leihmutterschaft widerspricht drei grundlegenden Prinzipien:

1. Die Würde der Frau

Eine Frau ist kein „Mittel“, kein „Behälter“ oder eine „Reproduktionsmaschine“. Ihre Fähigkeit, Leben zu tragen, ist zutiefst mit ihrer Identität, ihrer Seele und ihrer leiblich-geistigen Würde verbunden. Den Mutterleib zu einem Produktionsmittel zu degradieren, entmenschlicht sie.

2. Die Würde des Kindes

Jedes Kind hat das Recht, als Frucht der Liebe zwischen einem Mann und einer Frau gezeugt zu werden – nicht als Ergebnis eines Labors oder Vertrags. Kinder werden nicht „bestellt“, sie werden empfangen.

3. Der Sinn der Ehe

Die menschliche Sexualität hat eine eigene Sprache, die Einheit und Fruchtbarkeit verbindet. Die Trennung der Zeugung vom ehelichen Akt widerspricht der von Gott gewollten natürlichen Ordnung und verwandelt das Geschenk des Lebens in ein Produkt menschlicher Planung.


V. Der besondere Fall homosexueller Paare und Einzelpersonen

In vielen Fällen wird die Leihmutterschaft von homosexuellen Männern in Anspruch genommen, die in ihrer Beziehung biologisch unfruchtbar sind, aber „ihr eigenes Kind“ um jeden Preis wollen. Dieses Verlangen ist emotional verständlich, aber rechtfertigt moralisch keineswegs die gewählten Mittel.

Die Kirche lehrt, dass Elternschaft keine Forderung, sondern eine Berufung ist. Niemand hat ein Recht auf ein Kind wie auf ein Objekt. Die Natur biologisch zu erzwingen – durch die Nutzung des Körpers einer Frau zur Erfüllung eines Wunsches – ist ungerecht, naturwidrig und gegen Gottes Willen.


VI. Praktischer Leitfaden: Unterscheiden, bilden, begleiten

Wie soll ein Katholik auf Leihmutterschaft reagieren?

1. Das Gewissen bilden

Viele Katholiken kennen die Lehre der Kirche in dieser Frage nicht. Es ist entscheidend, zu lesen, sich weiterzubilden und in Familie und Gemeinde zu lehren. Unwissenheit in moralischen Fragen kann zu schweren Fehlern mit ewigen Konsequenzen führen.

2. Zur Wahrheit der menschlichen Liebe erziehen

Wahre Liebe ist weder Verlangen noch Besitz. Sie ist Selbsthingabe. Jungen Menschen muss der Wert der Keuschheit, des Körpers, der Ehe und der Offenheit für das Leben vermittelt werden.

3. Mit Barmherzigkeit begleiten

Es geht nicht darum, Menschen zu verurteilen, die diese Praxis gewählt haben, sondern ihnen mit Licht und Liebe zu begegnen. Wer Leihmutterschaft in Anspruch genommen hat, braucht nicht Verurteilung, sondern Umkehr und pastorale Begleitung.

4. Eine prophetische Stimme sein

In einer Welt, die den Sinn des Körpers und des Lebens verloren hat, sind Christen berufen, Stimme des Evangeliums des Lebens zu sein. Man darf nicht schweigen angesichts ungerechter Gesetze oder das Widernatürliche normalisieren.

5. Beten und Sühne leisten

Leihmutterschaft ist eine Wunde im Herzen der Menschheit. Wir müssen für die so gezeugten Kinder beten, für die ausgebeuteten Frauen und für alle, die an dieser Industrie beteiligt sind. Und wir müssen durch Taten der Liebe, Treue und Ehrfurcht vor dem Leben Sühne leisten.


VII. Und wenn es jemanden betrifft, den ich kenne?

Die Schwierigkeit wächst, wenn jene, die Leihmutterschaft nutzen, Freunde oder Verwandte sind. Wie soll man reagieren?

  • Mit klarer Gelassenheit: ohne Lüge oder Sentimentalität.
  • Mit fester Nächstenliebe: Lieben heißt nicht, den Irrtum zu billigen, sondern in der Wahrheit zu begleiten.
  • Mit einem leuchtenden Zeugnis: durch das eigene Leben die Schönheit der christlichen Familie zeigen.

Schluss: Nur wahre Liebe schenkt Leben

In einer Welt, die den Körper banalisiert und das Verlangen zum Recht erklärt, steht die Kirche als Hüterin des Lebensgeheimnisses. Leihmutterschaft ist kein Fortschritt, sondern eine Rückkehr zur Versklavung des Körpers und zur Kommerzialisierung des Menschen.

Aber nicht alles ist verloren. Jeder Christ ist berufen, Licht, Salz und Sauerteig in dieser Kultur zu sein. Die Wahrheit in Liebe zu verteidigen. Das Leben als Geschenk zu empfangen. Und mehr denn je an die rettende Kraft des Kreuzes zu glauben.

„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Johannes 10,10)

Möge es uns gelingen, dieses Leben mit Glauben, Mut und Zärtlichkeit zu schützen.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

Auch ansehen

Digitales Geld und finanzielle Kontrolle: Auf dem Weg zu einer Neuen Weltordnung? Ein katholischer Leitfaden zur Unterscheidung der Zeichen der Zeit

Einleitung: Zwischen Bequemlichkeit und Überwachung Wir leben in einer Zeit beispiellosen technologischen Fortschritts. Die Digitalisierung …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: catholicus.eu