Kann man dafür „gecancelt“ werden, dass man katholisch ist? Die Märtyrer des 21. Jahrhunderts, die du nicht kennst

Einleitung: Katholisch sein im Zeitalter der Cancel Culture

Wenn wir an Verfolgung und Martyrium denken, tauchen Bilder der römischen Katakomben, der Löwen im Kolosseum und Heiliger wie Stephanus oder Cäcilia auf. Doch auch heute, im 21. Jahrhundert, ganz ohne wilde Tiere oder tyrannische Kaiser, hat das Bekenntnis zum katholischen Glauben einen Preis. Ein Preis, der zwar nicht immer Blut fordert, aber oft Marginalisierung, Verlust von Chancen, öffentliche Demütigung oder soziale Isolation bedeutet: das weiße Martyrium.

Wir leben in einer Zeit, die Toleranz predigt, aber paradoxerweise zunehmend intolerant gegenüber jenen ist, die den katholischen Glauben authentisch leben.
Kann man dafür „gecancelt“ werden, dass man katholisch ist? Nicht nur ist es möglich: Es geschieht bereits.

Heute lade ich dich ein, diese wenig bekannte Realität tiefer zu betrachten – im Licht der Geschichte, der Theologie und der pastoralen Praxis – damit wir nicht nur verstehen, was geschieht, sondern auch lernen, unseren Glauben mit Mut, Hoffnung und echter christlicher Liebe zu leben.


Historischer Rückblick: Eine konstante Verfolgung

Seit den Anfängen der Kirche hat Jesus seine Jünger gewarnt:

„Wenn euch die Welt hasst, dann wisst, dass sie mich schon vor euch gehasst hat.“ (Johannes 15,18)

Verfolgung war immer eine Konstante für jene, die Christus nachfolgen. Von Nero bis zu den atheistischen Regimen des 20. Jahrhunderts: Treue zum Evangelium hatte stets ihren Preis.
Doch Verfolgung muss nicht immer blutig sein.
Papst Johannes Paul II. sprach bereits von den „neuen Märtyrern“, die zwar nicht ihr Blut vergießen, aber Marginalisierung, Verachtung und Spott um ihres Glaubens willen erleiden.

Heute zeigt sich dieses Phänomen in moderner Form: in der Cancel Culture.


Was bedeutet es, für den katholischen Glauben „gecancelt“ zu werden?

Canceln bedeutet, jemanden öffentlich zu diskreditieren, auszuschließen oder zum Schweigen zu bringen, weil seine Überzeugungen als „anstößig“ oder „inakzeptabel“ gelten.
Im neuen gesellschaftlichen Konsens kann es schon reichen, sich zum traditionellen katholischen Glauben zu bekennen – etwa zu:

  • Der unantastbaren Würde jedes menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod,
  • Der Ehe als Bund zwischen einem Mann und einer Frau,
  • Der objektiven Würde des Menschen, geschaffen im Abbild Gottes,
  • Der Existenz der Sünde und der Notwendigkeit der Umkehr.

Dies reicht aus, um als „rückständig“, „intolerant“ oder sogar „gefährlich“ etikettiert zu werden.

In sozialen Netzwerken, am Arbeitsplatz, an Universitäten oder sogar innerhalb der Familie erleben viele gläubige Katholiken heute eine subtile, aber sehr reale Form des erzwungenen Schweigens.


Die Märtyrer des 21. Jahrhunderts: Verborgene Zeugen

Sie sind die neuen weißen Märtyrer: Männer und Frauen, die – ohne Schlagzeilen zu machen oder öffentliche Anerkennung zu erhalten – ihren Glauben auf Kosten ihres Ansehens, ihrer Freundschaften oder ihrer beruflichen Laufbahn leben. Einige aktuelle Beispiele:

  • Professoren, die ihre Stellen verlieren, weil sie Ideologien widersprechen, die dem Evangelium zuwiderlaufen,
  • Ärzte und Apotheker, die bestraft werden, weil sie sich weigern, an Abtreibungen oder Euthanasie mitzuwirken,
  • Jugendliche, die wegen ihres Eintretens für Keuschheit oder ihren öffentlichen Glaubensbekenntnissen verspottet werden,
  • Eltern, die ausgegrenzt oder sogar angezeigt werden, weil sie ihre Kinder im katholischen Glauben erziehen möchten.

Das sind keine Geschichten aus fernen Zeiten.
Das geschieht hier und heute.


Theologische Bedeutung: Der christliche Sinn des Leidens

Warum lässt Gott diese Form der „Annullierung“ zu? Hat sie einen tieferen Sinn?

Ja, und er ist tiefgründig. Der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt:

„Das Leiden, Folge der Erbsünde, erhält einen neuen Sinn: Es wird zur Teilnahme am erlösenden Werk Jesu.“ (KKK 1521)

Der Christ sucht das Leiden nicht, aber er flieht auch nicht davor, wenn es um der Treue zu Christus willen kommt.
Mehr noch: In der geheimnisvollen Logik der Liebe Gottes wird das Leiden, vereint mit Christus, zur Quelle des Heils für die Welt.

Der heilige Paulus drückt es so aus:

„Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch; und ergänze in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt, für seinen Leib, die Kirche.“ (Kolosser 1,24)


Praktische Anwendung: Wie wir heute damit leben können

1. Sich solide im Glauben bilden
Man kann nur Zeugnis geben von dem, was man kennt. Die heutige Welt verlangt nach Katholiken, die ihren Glauben gut kennen und ihn „mit Sanftmut und Respekt“ (1 Petrus 3,15) erklären können.

Pastoraler Rat: Nimm dir jede Woche Zeit, den Katechismus, die Bibel und Dokumente des Lehramts zu studieren. Sei kein Improvisateur deines Glaubens.

2. Die Liebe in jeder Situation bewahren
Die natürliche Versuchung angesichts von Ablehnung ist Zorn oder Bitterkeit. Doch der Christ ist aufgerufen, wie Christus zu antworten: mit Liebe.

Pastoraler Rat: Opfere die Demütigungen, die du erleidest, Gott auf – als Gebet für die Bekehrung derer, die dich verfolgen.

3. Den Konflikt nicht suchen, aber im Wesentlichen niemals nachgeben
„Klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ (Matthäus 10,16) bedeutet, zu wissen, wann man sprechen und wann man schweigen muss – ohne jemals die Wahrheit zu verraten.

Pastoraler Rat: Bitte den Heiligen Geist um Unterscheidungskraft und Mut, um zur richtigen Zeit Zeugnis zu geben.

4. In Gemeinschaft leben
Ein isolierter Christ wird leicht von Mutlosigkeit überwältigt. Gemeinschaft im Pfarrleben, in Gebetsgruppen oder kirchlichen Bewegungen stärkt und trägt.

Pastoraler Rat: Gehe deinen Weg nicht allein. Suche Brüder und Schwestern im Glauben, die dich begleiten und stärken.

5. Immer an die Hoffnung denken
Christus hat die Welt besiegt (vgl. Johannes 16,33). Nichts und niemand kann uns von seiner Liebe trennen (vgl. Römer 8,39).

Pastoraler Rat: Bete jeden Tag mit einem Herzen voller Hoffnung: „Alles vermag ich durch den, der mich stärkt.“ (Philipper 4,13)


Schlussfolgerung: Die Stunde der Zeugen

Heute braucht die Welt mehr denn je Zeugen.
Nicht nur Menschen, die über Christus sprechen, sondern solche, die seine Liebe, seine Wahrheit und seine Hoffnung leben – selbst mitten in Ablehnung.

Jeder Akt der Treue, jedes „Nein“ zur Liebe zur Wahrheit, jedes Schweigen, das für Christus ertragen wird, macht den Sieg der Auferstehung in der Welt gegenwärtig.

Kann man dafür gecancelt werden, katholisch zu sein? Ja.
Ist es das wert? Immer!

Denn letztlich gilt, wie Tertullian in der Frühzeit der Kirche sagte:

„Das Blut der Märtyrer ist der Same der Christen.“

Und heute kann dieses „Blut“ dein Mut, deine Beharrlichkeit, deine unermüdliche Liebe sein.
Fürchte dich nicht, Zeuge zu sein. Fürchte dich nicht, ein weißer Märtyrer zu sein. Fürchte dich nicht, katholisch zu sein.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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