Im Herzen der Messe: Das lebendige Geheimnis der Eucharistischen Hochgebete

„Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Lukas 22,19


Einleitung: Das schlagende Herz jeder Messe

Unter den verschiedenen heiligen Momenten der Heiligen Messe gibt es einen, der den Kern bildet – das lebendige, schlagende Herz des christlichen Geheimnisses: das Eucharistische Hochgebet. In diesem Augenblick – zwischen dem Präfationsgebet und der abschließenden Doxologie – öffnet sich der Himmel, und das Menschliche wird mit dem Göttlichen in vollkommener Gemeinschaft vereint. Ohne dieses Gebet gibt es keine Eucharistie; und ohne die Eucharistie gibt es keine Kirche.

In diesem Artikel begleite ich Sie auf einem tiefgründigen, klaren und pastoralen Weg durch die Eucharistischen Hochgebete – ihre Geschichte, ihre wesentlichen Elemente, ihre theologische Bedeutung und wie Sie sie heute intensiver in der Kirche … oder im Stille Ihres Herzens erleben können.


✝️ Was ist das Eucharistische Hochgebet?

Das Eucharistische Hochgebet ist das große Gebet der Kirche, das während der Messe vom Priester im Namen des ganzen Gottesvolkes gesprochen wird. Es ist der Gipfel des liturgischen Geschehens, der Moment, in dem durch die Kraft des Heiligen Geistes und die Worte Christi Brot und Wein in den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus verwandelt werden.

Dieser Moment ist nicht nur symbolisches Erinnern: Er ist die wirkliche und sakramentale Gegenwärtigmachung des Opfers Christi am Kreuz, dargebracht dem Vater zum Heil der Welt. Das Hochgebet ist keine Erzählung – es ist ein göttlicher, gegenwärtiger Akt, an dem wir heute, hier und jetzt teilhaben.


📜 Kurze Geschichte der Eucharistischen Hochgebete

Die Wurzeln der Hochgebete reichen zurück zu den Aposteln. Schon in den ersten Jahrhunderten versammelten sich Christen, um das Brot zu brechen wie beim letzten Abendmahl Jesu (vgl. Apg 2,42), indem sie seine Worte und Gesten im Wirken des Heiligen Geistes wiederholten.

In der lateinischen Tradition ist das älteste dieser Gebete der Römische Kanon, auch bekannt als Eucharistisches Hochgebet I, das seit dem 4. Jahrhundert verwendet wird und über tausend Jahre lang das einzige Hochgebet im römischen Ritus war.

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil kamen weitere Hochgebete hinzu, um die Liturgie zu „bereichern“ und je nach liturgischer Zeit, Versammlung oder Anlass Vielfalt zu bieten. Heute enthält das Römische Messbuch vier Haupt-Hochgebete, dazu einige Varianten für besondere Anlässe.


🕊️ Wesentliche Struktur jedes Eucharistischen Hochgebets

Trotz unterschiedlicher Stile folgen alle Hochgebete einer gemeinsamen Struktur, die sich in sieben grundlegende Elemente gliedert. Jedes von ihnen besitzt tiefe theologische und spirituelle Bedeutung:


1. Präfation: Danksagung

Der Priester beginnt mit dem Dank an Gott für sein Erlösungswerk. Die Liturgie preist in diesem Abschnitt die Wunder Gottes durch die Geschichte, von der Schöpfung bis zur Erlösung.

„Es ist würdig und recht, dir immer und überall zu danken…“

📖 Geistlicher Nutzen: Indem Sie sich dieser Danksagung anschließen, trainieren Sie Ihr Herz zur Dankbarkeit, auch in Zeiten der Not. Hören Sie aufmerksam zu und machen Sie sich die Worte des Priesters zu eigen.


2. Epiklese: Anrufung des Heiligen Geistes

Der Priester breitet die Hände über Brot und Wein aus und bittet den Vater, den Heiligen Geist herabzusenden, damit sie geheiligt und verwandelt werden in Leib und Blut Christi.

„Heilige diese Gaben durch die Ausgießung deines Geistes…“

📖 Geistlicher Nutzen: Bitten Sie in Ihrem Inneren: „Komm, Heiliger Geist.“ Es ist ein entscheidender Moment, um Ihre Seele für die göttliche Verwandlung zu öffnen.


3. Einsetzungsworte: Die Konsekration

Der Priester wiederholt die Worte Jesu vom letzten Abendmahl – nicht als historisches Zitat, sondern als lebendige, wirksame Worte, die bewirken, was sie verkünden.

„Nehmet hin und esset alle davon: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“

📖 Geistlicher Nutzen: In diesem Augenblick wird Christus selbst gegenwärtig am Altar. Gehen Sie in Ihrer Seele in die Knie, verehren Sie in Stille, und bieten Sie Ihr Leben in Einheit mit seinem an.


4. Anamnesis: Gedächtnis an Passion, Tod und Auferstehung

Die Kirche erklärt, dass sie das Paschageheimnis in lebendiger Erinnerung feiert – nicht als nostalgische Rückschau, sondern als sakramentale Gegenwart der Erlösung Christi.

„So gedenken wir des leidvollen Todes, der glorreichen Auferstehung…“

📖 Geistlicher Nutzen: Erinnern Sie sich an Ihre eigenen österlichen Durchbrüche, Leiden und Auferstehungen. Fügen Sie sie zu denen Christi hinzu und bringen Sie sie dem Vater dar. Der Altar ist der Ort, an dem Geschichte zur Gnade wird.


5. Oblation: Opfergabe

Die Kirche opfert sich selbst vereint mit Christus. Hier wird nicht nur Brot und Wein geopfert, sondern die ganze Gemeinschaft, das Leben eines jeden Gläubigen.

„Wir opfern dir, oh Herr, dieses heilige und lebendige Opfer…“

📖 Geistlicher Nutzen: Bieten Sie in diesem Moment Ihre Woche, Ihre Kämpfe, Ängste und Freuden Gott dar. Stellen Sie sich selbst als lebendiges Opfer auf den Altar.


6. Fürbitten: Für Lebende und Verstorbene

Die Kirche betet für alle – für die Lebenden, die Verstorbenen, den Papst, die Bischöfe, die Gläubigen hier und jene, die vorangegangen sind. Die Kommunion der Heiligen erreicht ihre volle Wirkung.

„Gedenke deiner Kirche, die über die ganze Erde verbreitet ist…“

📖 Geistlicher Nutzen: Bringen Sie im Schweigen Namen, Gesichter, Anliegen ein. Die Messe ist nicht nur für Sie, sondern für alle, auch für jene, an die niemand denkt.


7. Doxologie: Trinitarische Lobpreisung

Der Priester erhebt Leib und Blut des Herrn und verkündet:

„Darum loben wir dich, preisen dich und rühmen dich, Herr unser Gott…“

Und das Volk antwortet mit einem kraftvollen:

„Amen.“

📖 Geistlicher Nutzen: Dieses „Amen“ ist Ihr Ja zu Gott, zu seinem Erlösungsplan, zu Ihrer völligen Hingabe. Sagen Sie es mit Glauben, Liebe und Willenskraft. Alles mündet in der Herrlichkeit der Dreifaltigkeit.


🙏 Wie man das Eucharistische Hochgebet aktiv und spirituell lebt

Obwohl wir nicht die Worte sprechen wie der Priester, wird das Hochgebet nicht nur gehört – es wird erlebt, angeboten, innerlich verinnerlicht. Hier einige praktische Schritte:

  1. Reverent zuhören: Halten Sie eine würdige Haltung ein (stehen, knien, schweigen) als Ausdruck der Anbetung.
  2. Ihr Herz darbringen: Wenn der Priester sagt „wir opfern“, verknüpfen Sie Ihre eigenen Opfer mit dem von Christus.
  3. Anbetung bei der Konsekration: Sagen Sie innerlich: „Mein Herr und mein Gott.“
  4. Fürbitten mittragen: Wenn Verstorbene oder die Kirche erwähnt werden, denken Sie an Ihre Lieben.
  5. Das große „Amen“ persönlich machen: Dieses „Ja“ verbindet Sie tief mit dem Opfer Christi. Sagen Sie es so, als hinge Ihr Leben davon ab.

🌿 Geistliches Vorgehen nach der Messe

Das Hochgebet endet nicht mit der Doxologie – seine Früchte sollen sich im Alltag fortsetzen. Ich lade Sie ein:

  • Einmal pro Woche das Hochgebet I (Römischer Kanon) zu meditieren.
  • Täglich Danksagungen im Stil der Präfation sprechen: bei Mahlzeiten, Erfolgen, Freuden.
  • Vor Entscheidungen den Heiligen Geist anrufen, wie in der Epiklese.
  • Alltägliches Leid (Arbeit, Krankheit, Familie) als Opfer geben, im Geiste der Oblation.
  • Regelmäßig für die Verstorbenen und die universale Kirche beten, im Geiste der Fürbitten.

🌟 Fazit: Ein Ruf, das Herz des Glaubens neu zu entdecken

Das Eucharistische Hochgebet ist nicht nur ein liturgischer Moment: Es ist das zentrale Geheimnis unseres Glaubens, die höchste Geste der Liebe Christi, die vor unseren Augen täglich erneuert wird. Es tief zu leben ist, zu lernen, so zu lieben wie Christus geliebt hat.

Wenn Sie das nächste Mal zur Messe gehen, hören Sie mit neuem Herzen, beten Sie bewusster an – und opfern Sie sich selbst großzügiger dar.

„Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist… Wer dieses Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“
Johannes 6,58

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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