Fronleichnam: Das sichtbare Wunder eines Gottes, der bleibt

Einleitung: Ein Gott, der nicht geht

Wir leben in einer Welt, die von Eile, Ablenkung und Oberflächlichkeit geprägt ist. Jeden Tag stehen wir einer Realität gegenüber, die uns scheinbar vom Heiligen, vom Ewigen, vom wirklich Wichtigen entfernt. Und doch lädt uns die Kirche einmal im Jahr – und in Wirklichkeit jeden Tag – ein, innezuhalten, niederzuknien und das Geheimnis mit großem „G“ zu betrachten: Jesus Christus, wirklich gegenwärtig im Allerheiligsten Sakrament des Altares.
Das ist Fronleichnam: das Hochfest des Gottes, der aus Liebe beschlossen hat, bei uns zu bleiben bis ans Ende der Welt (vgl. Mt 28,20).


1. Was ist Fronleichnam?

Das Hochfest des Corpus Christi (des Leibes und Blutes Christi) ist eines der größten und feierlichsten Feste im liturgischen Kalender der katholischen Kirche. Wir feiern, dass Jesus Christus wirklich – Leib, Blut, Seele und Gottheit – in der Eucharistie gegenwärtig ist. Das heißt: Es ist kein Symbol, keine Erinnerung, kein Bild – es ist Er selbst, lebendig und verherrlicht.

Der Glaube an die Realpräsenz steht im Mittelpunkt dieser Feier. Fronleichnam ist das freudige Bekenntnis zu dieser Wahrheit:

„Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19).


2. Historischer Ursprung: Eine Antwort auf Gottes Liebe

Auch wenn die Eucharistie am Gründonnerstag eingesetzt wurde, entstand Fronleichnam im 13. Jahrhundert als eigenständiges Fest, um ihre Bedeutung hervorzuheben und ihre Feier außerhalb des bußvollen Kontextes der Karwoche zu ermöglichen.

Wie entstand es?

  • Die heilige Juliana von Lüttich, eine belgische Ordensfrau des 13. Jahrhunderts, hatte Visionen, in denen Christus sie um ein besonderes Fest zur Verehrung des Altarsakraments bat.
  • Im Jahr 1264 führte Papst Urban IV. das Fest mit der Bulle Transiturus de hoc mundo für die gesamte Kirche ein.
  • Der große Theologe und Kirchenlehrer Thomas von Aquin wurde beauftragt, die liturgischen Texte und Hymnen zu verfassen, darunter das herrliche Pange Lingua, das auch heute noch bei eucharistischer Anbetung gesungen wird.

Seitdem wird Fronleichnam mit großer Feierlichkeit, Prozessionen, Gesängen und öffentlicher Anbetung gefeiert – als sichtbares Zeichen des Glaubens und als Zeugnis vor der Welt.


3. Wann wird Fronleichnam gefeiert?

Das Hochfest wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag gefeiert, also 60 Tage nach dem Ostersonntag. In vielen Ländern, in denen dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag ist, wird das Fest auf den folgenden Sonntag verlegt, um den Gläubigen die Teilnahme zu erleichtern.

Dieser „Donnerstag, heller als die Sonne“, wie es ein altes Sprichwort sagt, ist eine Begegnung mit der ewigen, realen Liebe Christi, die ausgesetzt, angebetet und in Prozession durch Straßen und Plätze getragen wird.


4. Theologische Bedeutung: Ein Glaube, der kniet

a. Die Realpräsenz

Die katholische Lehre besagt, dass beim Hochgebet in der Messe Brot und Wein wesensmäßig verwandelt werden in den Leib und das Blut Christi. Dieses Geheimnis wird Transsubstantiation genannt.
Obwohl die äußeren Gestalten (die „Akzidenzien“) bestehen bleiben, ist die Substanz nicht mehr Brot und Wein, sondern Christus selbst.

Das ist keine menschliche Erfindung. Christus selbst sagt es ganz deutlich:

„Mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank“ (Joh 6,55).

b. Opfer und Kommunion

Die Eucharistie ist nicht nur ein Mahl, sondern auch ein Opfer. In jeder Messe wird das eine Opfer Christi am Kreuz gegenwärtig – nicht wiederholt, sondern aktualisiert.
Daher bedeutet die Anbetung des Leibes Christi das Anerkennen Seiner Hingabe für uns, und die Kommunion ist eine tiefe Vereinigung mit Seinem Opfer.


5. Eine eucharistische Spiritualität

Fronleichnam zu feiern heißt, die Mitte des christlichen Lebens wiederzuentdecken: die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt (Lumen Gentium, 11).

Was bedeutet das im Alltag?

  • Aus der Eucharistie leben heißt, jeden Tag als Opfergabe zu sehen, als gelebte Messe im Alltag.
  • Würdig kommunizieren, mit einer durch das Sakrament der Beichte gereinigten Seele und einem Herzen, das sich nach Gott sehnt.
  • Häufig anbeten, den Herrn im Tabernakel besuchen – auch wortlos.
  • Danken: Die Messe ist „Danksagung“, und eucharistisch leben heißt, auch in Prüfungen dankbar zu sein.

6. Fronleichnam heute: Notwendiger denn je

In einer Zeit des Säkularismus, der Gleichgültigkeit und des Relativismus ist die Fronleichnamsprozession ein öffentliches Glaubensbekenntnis. Christus durch die Straßen zu tragen ist keine mittelalterliche Nostalgie, sondern ein prophetisches Zeichen, das der Welt verkündet: Gott lebt, Er ist gegenwärtig, Er ist nah.

Es ist auch ein Zeugnis gegen die Logik des Wegwerfens und des Egoismus: Christus schenkt sich vollkommen, bedingungslos, maßlos. Wie können wir Ihn nicht nachahmen?


7. Theologisch-pastorale Praxishilfe

A. Um Fronleichnam in der Tiefe zu leben:

HandlungGeistliche BedeutungKonkrete Umsetzung
Mit Sammlung an der Messe teilnehmenReale Begegnung mit ChristusFrühzeitig kommen, Lesungen vorher meditieren
Würdig kommunizierenInnige Vereinigung mit JesusBeichten bei schwerer Sünde, beten vor der Kommunion
Das Allerheiligste anbetenLebendige Gegenwart anerkennenKapelle besuchen, Anbetungsstunden organisieren
An der Prozession teilnehmenÖffentliches GlaubenszeugnisAndere einladen, mit Eifer mitgehen
In der Familie über die Eucharistie sprechenGlauben weitergebenJohannes 6 lesen, Zeugnisse austauschen

B. Vorschlag für ein Gebet:

„Herr Jesus, gegenwärtig im Allerheiligsten Sakrament, ich glaube fest an Dich. Ich bete Dich an, ich liebe Dich, ich danke Dir, dass Du bei uns geblieben bist. Stärke meinen Glauben, hilf mir, jeden Tag eucharistisch zu leben, und verwandle durch Deine Gegenwart mein Leben. Amen.“


8. Vorbilder im eucharistischen Leben: Heilige, die uns inspirieren

Viele Heilige haben ihr Leben auf die Eucharistie gegründet. Hier einige inspirierende Beispiele:

  • Der heilige Tarcisius, ein Jugendlicher, der als Märtyrer starb, als er die Eucharistie schützte.
  • Die heilige Klara von Assisi, die mit dem Allerheiligsten eine feindliche Invasion abwehrte.
  • Der heilige Manuel González, bekannt als „Bischof des verlassenen Tabernakels“.
  • Der heilige Johannes Paul II., der sagte: „Die Kirche lebt von der Eucharistie“.

Schluss: Ein Gott, der mit uns geht

Fronleichnam ist kein Fest unter vielen. Es ist das Hochfest des Gottes, der bleibt, der nicht müde wird, uns zu lieben, der in unseren Herzen, unseren Straßen, unseren Familien wohnen will.

In einer Welt, die nach Sinn, Frieden und echter Liebe hungert, ist die Eucharistie Antwort, Heilmittel und Weg. Sie zu feiern, anzubeten und zu leben, ist der authentischste Weg, heute Christ zu sein.

Denn Christus ist nicht fern. Er ist hier. Er lebt. Er ist in der konsekrierten Hostie gegenwärtig.
Und wie es im Psalm heißt:

„Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat? Ich will den Kelch des Heiles erheben und den Namen des Herrn anrufen“ (Ps 116,12-13).


Möchtest du ein wirklich eucharistisches Leben beginnen? Warte nicht bis zum nächsten Fronleichnamsfest. Jesus wartet schon heute auf dich im nächsten Tabernakel. Geh zu Ihm. Sprich mit Ihm. Liebe Ihn.

Und lass diese Liebe dein Leben verwandeln.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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