Einführung: Ein Schmerz, der uns mit dem Himmel verbindet
In der Stille der Karwoche, während sich die Kirche darauf vorbereitet, die heiligen Geheimnisse von Passion, Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus zu vergegenwärtigen, gibt es einen besonders bewegenden Tag: den Freitag der Schmerzen Mariens. Dieser Tag, der am Freitag vor dem Palmsonntag begangen wird, lädt uns ein, das Leiden der allerseligsten Jungfrau Maria zu betrachten, die mit mütterlichem Herzen ihren Sohn auf seinem Weg nach Golgatha begleitete.
Es ist nicht nur ein Tag der Trauer, sondern der tiefen Besinnung auf die Liebe, die eine Mutter mit ihrem Sohn verbindet – und wie diese gleiche Liebe sich auf jeden von uns erstreckt. In einer Welt, in der Schmerz oft unerträglich erscheint, lehrt uns die Schmerzensmutter, mit Hoffnung zu leiden, im Wissen, dass jedes Leid, mit dem Christi vereint, erlösende Bedeutung hat.
Ursprung und Geschichte des Freitags der Schmerzen Mariens
1. Biblische Wurzeln: Die Prophezeiung Simeons
Die biblische Grundlage des Freitags der Schmerzen Mariens findet sich im Lukasevangelium (2,34-35), als der greise Simeon zu Maria prophezeit:
„Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und zum Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – und auch deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen –, damit die Gedanken vieler Herzen offenbar werden.“
Diese Worte kündigen das einzigartige Leiden der Jungfrau an, die ihren Sohn verworfen, gequält und gekreuzigt sehen würde. Das „Schwert“, das ihre Seele durchdringt, symbolisiert ihr vollkommenes Mitleiden, ihre Teilhabe am erlösenden Werk Christi.
2. Liturgische und frömmigkeitsgeschichtliche Entwicklung
Die Verehrung der Schmerzen Mariens geht auf das Mittelalter zurück, als besonders der Orden der Serviten (Diener Mariens) die Betrachtung der Sieben Schmerzen Mariens förderte. Diese Praxis verbreitete sich im 13. Jahrhundert, und 1668 führte die Kirche das Fest Unserer Lieben Frau von den Schmerzen am 15. September ein.
Doch der Freitag der Schmerzen Mariens als Vorbereitung auf die Karwoche erlangte besondere Bedeutung in der spanischen Frömmigkeit, wo er mit Prozessionen, Bußgesängen (wie dem Stabat Mater) und der Verehrung von Schmerzensmutter-Darstellungen begangen wird.
Die Sieben Schmerzen der Jungfrau Maria
Die katholische Tradition betrachtet sieben Schlüsselmomente, in denen Maria aus Liebe zu ihrem Sohn und zur Menschheit tief litt:
- Die Prophezeiung Simeons (Lk 2,34-35).
- Die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-15).
- Der Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel (Lk 2,41-50).
- Marias Begegnung mit Jesus auf dem Weg nach Golgatha (Via Dolorosa).
- Die Kreuzigung und der Tod Jesu (Joh 19,25-30).
- Die Kreuzabnahme (Pietà) (Mk 15,42-47).
- Die Grablegung Jesu (Joh 19,38-42).
Jeder dieser Schmerzen zeigt Maria als Miterlöserin, nicht weil sie das einzigartige Opfer Christi ersetzt, sondern weil sie frei am Heilsplan mitwirkte, indem sie ihr Leiden mit dem ihres Sohnes vereinte.
Geistliche Bedeutung für die heutige Welt
In einer Gesellschaft, die vor dem Leid flieht und sofortige Befriedigung sucht, lehrt uns der Freitag der Schmerzen Mariens drei entscheidende Lektionen:
1. Leiden ist nicht sinnlos
Maria verstand den „Grund“ für jeden Schmerz nicht vollkommen, aber sie vertraute Gott. Heute lädt uns ihr Beispiel angesichts von Krankheit, Familienkrisen oder Verfolgung ein, zu glauben, dass Leid, mit Christus vereint, ewigen Wert hat.
2. Standhaftigkeit im Glauben
Während die Jünger flohen, blieb Maria unter dem Kreuz (Joh 19,25). In einer Welt, wo viele im Angesicht von Prüfungen den Glauben aufgeben, zeigt sie uns, dass wahre Hingabe sich in der Bewährung erweist.
3. Hoffnung auf die Auferstehung
Der Freitag der Schmerzen Mariens ist nicht das Ende. Maria, obgleich vom Schmerz zerrissen, erwartete die Auferstehung. So müssen auch wir in unseren Prüfungen bedenken: Nach dem Kreuz kommt die Herrlichkeit.
Wie man den Freitag der Schmerzen Mariens heute begehen kann
- Heilige Messe besuchen oder das Stabat Mater beten: Dieses mittelalterliche Hymnus meditiert Marias Schmerz.
- Rosenkranz zu den Sieben Schmerzen Mariens beten: Ein traditioneller Gebetsweg, der jedes Leid der Jungfrau vertieft.
- Enthaltsamkeit oder Fasten üben: Als Akt der Vereinigung mit Christi Opfer.
- In Stille meditieren: Vor einem Bild der Schmerzensmutter fragen: Wie trage ich meine Leiden? Biete ich sie Gott dar?
Schluss: Maria, Mutter und Gefährtin im Leiden
Der Freitag der Schmerzen Mariens ist nicht nur historische Erinnerung, sondern eine Schule der Liebe und Stärke. Maria, die starke Frau des Evangeliums, lehrt uns, dass Leiden, im Glauben getragen, ein Weg zur Heiligkeit wird.
In dieser unsicheren Zeit wenden wir uns ihr zu, der Schmerzensmutter, und sagen wie der Lieblingsjünger: „Siehe, deine Mutter!“ (Joh 19,27). Möge sie uns zum Osterlicht führen, indem sie uns zeigt: Nach dem Kreuz kommt stets die Auferstehung.
Schmerzhafte Mutter, bitte für uns!