Die Fastenzeit ist eine Zeit der Gnade, der inneren Erneuerung und der Vorbereitung auf das größte Geheimnis unseres Glaubens: das Leiden, den Tod und die Auferstehung Christi. Zu den geistlichen Übungen, die die Kirche uns vorschlägt, um diese Zeit intensiver zu leben, gehören Fasten und Abstinenz.
Doch was bedeuten sie wirklich? Warum sind sie wichtig? Wie werden sie heute praktiziert? In diesem Artikel gehen wir auf die Geschichte, die geistliche Bedeutung und die richtige Art der Befolgung dieser Disziplinen gemäß der katholischen Tradition ein.
1. Der Ursprung des Fastens und der Abstinenz in der christlichen Tradition
Seit den ersten Jahrhunderten des Christentums haben die Gläubigen das Fasten als eine Form der Buße und geistlichen Vorbereitung praktiziert. Die Bibel enthält viele Hinweise auf das Fasten als Mittel zur Annäherung an Gott. Moses fastete vierzig Tage auf dem Berg Sinai, bevor er das Gesetz empfing (Exodus 34,28), und der Prophet Elija fastete ebenfalls vierzig Tage auf dem Weg zum Berg Horeb (1. Könige 19,8).
Das höchste Beispiel gibt uns Christus selbst: Bevor er sein öffentliches Wirken begann, wurde er vom Heiligen Geist in die Wüste geführt und fastete vierzig Tage und vierzig Nächte (Matthäus 4,2). Dies ist die biblische Grundlage für die Fastenzeit, eine 40-tägige Periode, in der uns die Kirche einlädt, Christus in seiner Vorbereitung auf seine Mission nachzuahmen.
Seit dem 4. Jahrhundert hat die Kirche bestimmte Regeln für das Fasten und die Abstinenz für alle Christen festgelegt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich diese Regeln in ihrer Strenge verändert, aber ihr Wesen bleibt dasselbe: Sie sind eine konkrete Form der Selbstverleugnung, um uns Gott näherzubringen und uns zu helfen, unsere Leidenschaften zu beherrschen.
2. Was ist Fasten, und worin unterscheidet es sich von Abstinenz?
Fasten:
Fasten bedeutet, die Menge der täglich verzehrten Nahrung zu reduzieren. Nach der heutigen Disziplin der katholischen Kirche bedeutet Fasten, nur eine vollständige Mahlzeit pro Tag zu sich zu nehmen, sowie, falls erforderlich, zwei kleine Mahlzeiten (Frühstück und Abendessen), die zusammen nicht eine ganze Mahlzeit ausmachen dürfen.
Abstinenz:
Abstinenz bezieht sich nicht auf die Menge der Nahrung, sondern auf ihre Art. Sie bedeutet, kein Fleisch von warmblütigen Tieren (Rind, Schwein, Geflügel, Lamm usw.) zu essen. Der Verzehr von Fisch, Meeresfrüchten, Eiern und Milchprodukten ist jedoch erlaubt.
3. Wann sind wir zum Fasten und zur Abstinenz verpflichtet?
Laut dem kirchlichen Gesetzbuch und der Tradition der Kirche gibt es bestimmte Tage, an denen die Gläubigen verpflichtet sind, zu fasten und Abstinenz zu üben:
- Aschermittwoch und Karfreitag: Fasten und Abstinenz sind vorgeschrieben.
- Alle Freitage der Fastenzeit: Abstinenz von Fleisch ist vorgeschrieben.
Es ist wichtig zu bedenken, dass alle Freitage des Jahres Bußtage sind, weshalb der Verzicht auf Fleisch auch außerhalb der Fastenzeit empfohlen wird, obwohl viele Bischofskonferenzen es erlauben, ihn durch eine andere Buß- oder Wohltätigkeitshandlung zu ersetzen.
Wer ist zur Einhaltung dieser Regeln verpflichtet?
- Das Fasten ist für alle Katholiken zwischen 18 und 59 Jahren verpflichtend.
- Die Abstinenz ist für alle Katholiken ab 14 Jahren verpflichtend.
Es gibt jedoch Ausnahmen: Kranke, schwangere Frauen, stillende Mütter, Personen mit körperlich anstrengender Arbeit oder Menschen, die aus medizinischen Gründen spezielle Diäten einhalten müssen, sind davon befreit.
4. Die geistliche Bedeutung von Fasten und Abstinenz
Fasten und Abstinenz sind nicht bloße äußere Regeln oder leere Praktiken; sie haben eine tiefe geistliche Bedeutung.
1. Ein Akt der Buße und Sühne
Jesus lehrt uns, dass bestimmte Übel nur durch „Gebet und Fasten“ überwunden werden können (Markus 9,29). Wenn wir fasten, erkennen wir unsere Schwäche an und vereinen uns mit dem Kreuz Christi, indem wir unsere kleinen Opfer zur Sühne für unsere Sünden und die der Welt darbringen.
2. Eine Übung der Selbstbeherrschung
Wir leben in einer Gesellschaft, die von Konsum und dem ständigen Streben nach sofortiger Befriedigung geprägt ist. Fasten und Abstinenz helfen uns, unseren Willen zu stärken, „Nein“ zu uns selbst zu sagen und die Tugend der Mäßigung zu üben.
3. Ein Zeichen der Solidarität mit den Armen
Die Kirche hat das Fasten immer als eine Gelegenheit zur Nächstenliebe betrachtet. Der heilige Leo der Große sagte: „Ein Fasten ohne Barmherzigkeit ist nur ein äußerer Schein der Buße.“ Was wir durch das Fasten einsparen, können wir mit den Armen teilen.
4. Eine Vorbereitung auf Ostern
Wenn wir uns auf ein großes Fest vorbereiten, bringen wir Opfer und Anstrengungen, um sicherzustellen, dass alles gelingt. Ebenso ist die Fastenzeit eine Zeit der Vorbereitung auf das große Fest der Auferstehung des Herrn.
5. Wie man Fasten und Abstinenz mit einem erneuerten Geist praktiziert
1. Es aus Liebe tun, nicht nur aus Pflicht
Es geht nicht darum, mechanisch eine Regel zu befolgen, sondern sie mit Liebe zu leben.
2. Es mit Gebet begleiten
Fasten ohne Gebet ist nur eine Diät. Um es zu einer echten Erfahrung spirituellen Wachstums zu machen, muss es von Gebetsmomenten begleitet werden.
3. Es für eine besondere Absicht aufopfern
Jedes Fasten und jede Abstinenz kann für die Bekehrung eines geliebten Menschen, für den Frieden in der Welt oder für ein besonderes Anliegen dargebracht werden.
4. Heuchelei und Klagen vermeiden
Jesus warnt uns in Matthäus 6,16-18: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler… Wenn du fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit dein Fasten nicht von den Menschen gesehen wird, sondern von deinem Vater, der im Verborgenen ist.“
5. Es mit Nächstenliebe verbinden
Wir können das, was wir an Essen einsparen, nutzen, um jemandem in Not zu helfen.
6. Fazit: Fasten, um in Christus neu geboren zu werden
Fasten und Abstinenz sind Disziplinen, die, wenn sie richtig gelebt werden, unser Herz verwandeln können. Sie helfen uns, uns von der Sünde abzuwenden, unsere Beziehung zu Gott zu stärken und uns auf die Freude der Auferstehung vorzubereiten.
Möge diese Fastenzeit eine Zeit der Gnade sein, in der wir mit Gottes Hilfe unsere Seele reinigen und uns Ihm annähern. Wie der heilige Augustinus uns erinnert:
„Töte, was schlecht in dir ist, und was gut in dir ist, wird auferstehen.“
Lasst uns nicht nur auf Nahrung verzichten, sondern auch auf schlechte Einstellungen, unnötige Urteile, verletzende Worte und alles, was uns von Gott trennt. Und stattdessen füllen wir uns mit Gebet, Liebe und Nächstenliebe.
Eine gesegnete und heilige Fastenzeit!