Einführung: Was sind die synoptischen Evangelien?
Wenn wir das Neue Testament öffnen, finden wir vier Berichte über das Leben Jesu: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Die ersten drei – Matthäus, Markus und Lukas – werden als synoptische Evangelien bezeichnet, ein Begriff, der aus dem Griechischen syn (zusammen) und opsis (Sicht) stammt, was bedeutet, dass sie „zusammengesehen“ werden können, da sie sich in Struktur, Inhalt und Erzählweise ähneln.
Im Gegensatz zum Johannesevangelium, das einen eher theologischen und mystischen Ansatz verfolgt, bieten die synoptischen Evangelien eine sich ergänzende Sicht auf das Leben, die Lehren, die Wunder, den Tod und die Auferstehung Jesu. Aber warum sind sie so wichtig? Wie können wir sie studieren, um im Glauben zu wachsen?
In diesem Artikel werden wir untersuchen:
- Ursprung und Geschichte der synoptischen Evangelien
- Ihre theologische Bedeutung und wie sie sich ergänzen
- Eine praktische Anleitung zu ihrem Studium und ihrer Anwendung im geistlichen Leben
1. Ursprung und Geschichte der synoptischen Evangelien
Wer hat sie geschrieben und wann?
Nach kirchlicher Tradition:
- Matthäus, einer der zwölf Apostel, schrieb sein Evangelium hauptsächlich für bekehrte Juden und präsentierte Jesus als den verheißenen Messias.
- Markus, ein Schüler des Petrus, verfasste sein Evangelium basierend auf den Predigten des ersten Papstes in einem direkten und dynamischen Stil.
- Lukas, Arzt und Begleiter des Paulus, recherchierte die Ereignisse sorgfältig (Lukas 1,3) und schrieb für Heiden, wobei er die Barmherzigkeit Christi betonte.
Man geht davon aus, dass Markus zuerst geschrieben wurde (um 65 n. Chr.), gefolgt von Matthäus und Lukas, die Markus wahrscheinlich als Quelle nutzten, zusammen mit anderen mündlichen und schriftlichen Überlieferungen (in der Bibelwissenschaft als „Q“ bezeichnet).
Das synoptische Problem
Bibelwissenschaftler bemerkten, dass diese Evangelien fast identische Passagen teilen, aber auch Unterschiede aufweisen. Dies führte zur „Zwei-Quellen-Theorie“, die vorschlägt:
- Markus diente Matthäus und Lukas als Quelle
- Ein hypothetisches Dokument (Q, vom deutschen Quelle) enthielt Aussprüche Jesu
- Jeder Evangelist passte das Material seinem Publikum und theologischen Zweck an
Doch der katholische Glaube betont, dass die Evangelien trotz menschlicher Verfasserschaft inspiriertes Wort Gottes sind (2 Timotheus 3,16).
2. Theologische Bedeutung: Was lehren uns die Synoptiker?
Jedes Evangelium hat einen einzigartigen Fokus:
Matthäus: Jesus, der neue Mose
- Präsentiert Jesus als Erfüllung der Prophezeiungen (Matthäus 5,17)
- Enthält die Bergpredigt (Kap. 5-7) als neue Gesetzgebung
- Ideal für das Verständnis des Alten Testaments im Licht Christi
Markus: Jesus, der handelnde Diener
- Das kürzeste und dynamischste Evangelium (Schlüsselwort: „sogleich“)
- Zeigt Jesus als leidenden Knecht (Markus 10,45)
- Perfekt für ein Verständnis von Christi radikaler Hingabe
Lukas: Jesus, der Retter aller
- Betont Gebet, Heiligen Geist und Barmherzigkeit (Gleichnisse vom barmherzigen Samariter, verlorenen Sohn)
- Ideal für diejenigen, die Gottes Nähe zu Sündern und Ausgestoßenen suchen
Warum drei ähnliche Versionen?
In seiner Weisheit wollte Gott, dass wir eine mehrdimensionale Sicht auf Jesus haben. Wie Augustinus sagte: „Die Evangelien sind vier an Zahl, aber eins im Geist.“
3. Praktische Anleitung: Wie man die synoptischen Evangelien liest und lebt
A. Lesemethode: Die Lectio Divina
- Lesung (Was sagt der Text?)
- Meditation (Was sagt Gott mir?)
- Gebet (Wie antworte ich?)
- Betrachtung (Wie verändert dies mein Leben?)
Beispiel mit Markus 4,35-41 (Jesus stillt den Sturm):
- Was sagt es? Jesus schläft im Boot, Jünger fürchten sich, er tadelt ihren Kleinglauben
- Was sagt es mir? „Habt ihr noch keinen Glauben?“ (V.40). In welchen Lebensstürmen zweifle ich?
- Gebet: „Herr, vermehre meinen Glauben“
- Tat: Christus in Krisen vertrauen
B. Pastorale Anwendung
- Für das persönliche Leben:
- Matthäus ruft zu den Seligpreisungen (arm im Geist, barmherzig sein)
- Markus fordert radikale Nachfolge („Wer mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf“ – Markus 8,34)
- Lukas lädt zu Umkehr und Barmherzigkeit ein („Heute ist diesem Haus Heil widerfahren“ – Lukas 19,9)
- Für die Evangelisation:
- Matthäus für Suchende mit jüdischem Hintergrund
- Markus für Jugendliche und Tatmenschen
- Lukas für diejenigen, die bedingungslose Liebe brauchen
C. Reflexionsfragen
- Welches Jesusbild spricht mich am meisten an: Lehrer (Mt), Diener (Mk) oder Retter (Lk)?
- Wie kann ich Christus im Alltag nach diesen Evangelien nachfolgen?
Zusammenfassung: Die Synoptiker – ein Weg zu Christus
Die synoptischen Evangelien sind nicht bloß alte Texte; sie sind ein Kompass für die Seele. Sie zeigen uns einen wirklichen, nahen Jesus – der lehrt, heilt, vergibt und rettet.
Wie Hieronymus sagte: „Die Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen.“ Ich lade Sie ein, in diese Texte einzutauchen, ihre Berichte zu vergleichen und sich verwandeln zu lassen.
Abschlussgebet:
„Herr Jesus, wie Matthäus, Markus und Lukas offenbaren, bist du der Messias, der Diener und der Retter. Hilf mir, dich täglich zu erkennen, zu lieben und dir nachzufolgen. Amen.“
Welche Stelle aus den synoptischen Evangelien hat Sie am meisten berührt? Teilen Sie es in den Kommentaren!