Die Quatembertage: Eine vergessene Tradition, die dein Leben und die Welt heilen kann

EINLEITUNG

In einer Welt, die ohne Pause voranschreitet, in der der Rhythmus der Jahreszeiten nur noch für Landwirte Bedeutung zu haben scheint und Spiritualität auf das „Sofortige“ reduziert wird, bewahrt die katholische Kirche in ihrem Schoß vergessene Schätze der Weisheit. Einer dieser Schätze ist die Tradition der Quatembertage: eine uralte liturgische Praxis, tief biblisch verwurzelt, die unsere Beziehung zu Gott, zur Schöpfung, zur Zeit – und zu uns selbst – verwandeln kann.

Dieser Artikel bringt nicht nur dieses Juwel der katholischen Tradition ans Licht, sondern lädt dich ein, es wiederzubeleben, zu verstehen und als echten spirituellen Wegweiser anzuwenden. Denn es geht hier nicht bloß um eine fromme Übung, sondern um einen Weg, sich mit der heiligen Ordnung des Universums neu zu verbinden.


WAS SIND DIE QUATEMBERTAGE?

Das Wort „Quatember“ stammt vom lateinischen quattuor tempora, was „die vier Zeiten“ bedeutet. Es handelt sich um vier Zeitabschnitte im Jahr, in denen die Kirche jeweils drei aufeinanderfolgende Tage – Mittwoch, Freitag und Samstag – der Gebet, dem Fasten und dem Dank widmet, um den Wechsel der Jahreszeiten zu begehen und die Zeit Gott zu weihen.

Diese Tage sind:

  • Quatembertage des Frühlings (etwa in der ersten Woche der Fastenzeit)
  • Quatembertage des Sommers (nach Pfingsten)
  • Quatembertage des Herbstes (nach dem Fest der Kreuzerhöhung am 14. September)
  • Quatembertage des Winters (in der dritten Adventswoche)

Die Quatembertage gelten als heilige Zeiten, um den Lauf der Jahreszeiten zu heiligen, Gott Opfer darzubringen, für die Früchte der Erde zu beten und um Priesterberufungen zu bitten.


URSPRUNG UND BIBLISCHE WURZELN

Auch wenn ihre liturgische Formulierung aus der christlichen Ära stammt, liegt der Geist der Quatembertage im Alten Testament begründet. Das Volk Israel lebte im Rhythmus, den Gott in die Schöpfung eingeschrieben hatte: Die landwirtschaftlichen Feste waren Gelegenheiten für Kult, Dank und Buße.

„Alles hat seine Zeit, und jedes Geschehen unter dem Himmel hat seine Stunde.“
(Prediger 3,1)

Die Quatembertage sind somit der christliche Ausdruck einer Spiritualität der Zeit. Ab dem 4. Jahrhundert, besonders in Rom, begannen die Christen, sie zu feiern, um für die Ernte zu danken, Segen für die neuen Jahreszeiten zu erbitten, Buße zu tun und später auch Priester zu weihen.

Diese Praxis wurde durch Papst Gregor den Großen (6. Jahrhundert) kodifiziert und wurde jahrhundertelang eine universelle Gepflogenheit der römischen Kirche.


THEOLOGISCHE BEDEUTUNG

1. Die Zeit als heiliges Geschenk

Die moderne Welt betrachtet die Zeit als gerade Linie, als Ressource, die man verbraucht oder verliert. Doch die christliche Sichtweise, tief verwurzelt in der Liturgie, sieht die Zeit als heiliges Geschenk Gottes. Das Kirchenjahr ist keine leere Wiederholung, sondern ein Weg der Heiligung.

Die Quatembertage lehren uns, dass jede Jahreszeit eine geistliche Bedeutung hat:

  • Der Frühling ist Wiedergeburt.
  • Der Sommer ist Fülle.
  • Der Herbst ist Hingabe.
  • Der Winter ist Stille und Erwartung.

Mit ihnen segnen wir die Zeit, wir weihen sie, wir ordnen sie auf Gott hin aus.


2. Fasten und Buße: Die innere Ordnung wiederherstellen

Die Quatembertage beinhalten das Fasten, eine Praxis, die im heutigen katholischen Leben fast verschwunden ist. Doch Fasten ist keine Strafe, sondern Medizin für die Seele. Es befreit uns von der Tyrannei des Körpers, öffnet uns für den Nächsten und macht uns empfänglich für Gottes Stimme.

„Diese Art kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden.“
(Markus 9,29)

Das Fasten der Quatembertage, das jeweils zu Beginn einer neuen Jahreszeit gefeiert wird, ist eine Weise, sich zu reinigen und sich auf die kommenden geistlichen und körperlichen Herausforderungen vorzubereiten. Es ist eine innere Neuausrichtung, die uns auf Gottes Willen einstimmt.


3. Gebet für die Früchte der Erde und für Berufungen

Die Quatembertage sind auch Ausdruck von Dankbarkeit und Bitte für die Früchte der Erde, in einer Zeit, in der die Entfremdung von der Schöpfung zu ökologischen und geistlichen Krisen geführt hat. Sie erinnern uns daran, dass wir von Gott abhängig sind – für das tägliche Brot.

Außerdem sind sie traditionell mit der Priesterweihe verbunden und damit Momente des Gebets für Berufungen und die Heiligkeit des Klerus.

Heute, wo es an Berufungen mangelt und die Not an heiligen Priestern groß ist, erhalten diese Tage neue Dringlichkeit.


DIE QUATEMBERTAGE IM MODERNEN LEBEN: HABEN SIE HEUTE NOCH BEDEUTUNG?

Die Antwort ist eindeutig: Ja – mehr denn je.

In einer Welt, die die Zeit nicht mehr als etwas Heiliges wahrnimmt, helfen uns die Quatembertage dabei:

  • Den Wert des Fastens und der Buße wiederzuentdecken
  • Die Schönheit des liturgischen Jahres als Weg zur Heiligkeit neu zu erleben
  • Die Natur als Gottes Werk und nicht bloß als Ressource zu sehen
  • Für Berufungen zu beten und kleine Opfer für sie zu bringen
  • Innezuhalten, das Gewissen zu prüfen und die eigenen Absichten zu erneuern

Viele Katholiken, die diese Praxis wiederentdeckt haben, markieren sich die Quatemberwochen im Kalender und widmen die drei Tage:

  • Dem Fasten (nach ihren Möglichkeiten)
  • Der Stille und der Abkehr vom Lärm
  • Der Beichte und der Teilnahme an der heiligen Messe
  • Dem Gebet für Priester und Seminaristen
  • Dem Dank für empfangene Gaben und der Bitte um Segen für die kommende Jahreszeit

WIE MAN DIE QUATEMBERTAGE HEUTE FEIERT: EIN PRAKTISCHER LEITFADEN

1. Die Daten finden

Konsultiere einen traditionellen liturgischen Kalender oder informiere dich online. Auch wenn die Quatembertage nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil als „optional“ erklärt wurden, kannst du sie als persönliche oder gemeinschaftliche Andacht wiederbeleben.

2. Die drei Tage bewusst leben

  • Mittwoch: Tag der Umkehr. Beginne mit einem Akt der Demut. Prüfe dein Leben und faste in maßvoller Weise.
  • Freitag: In Vereinigung mit dem gekreuzigten Christus. Bete den Rosenkranz, tue ein Werk der Barmherzigkeit und faste intensiver.
  • Samstag: Tag Mariens. Weihe dich der Jungfrau. Besuche, wenn möglich, die heilige Messe und opfere den Tag für die geistlichen Früchte der kommenden Zeit.

3. Familie oder Gemeinschaft einbeziehen

Bete gemeinsam mit anderen. Bringe diese Praxis deinen Kindern bei. Lade deine Pfarrei ein, sie wieder aufzugreifen.


SCHLUSSFOLGERUNG: EINE ZEIT ZUR HEILUNG

Die Quatembertage sind ein geistlicher Kompass. Sie lehren uns, dass das Leben seine Jahreszeiten hat, dass die Seele Zyklen durchläuft und dass alles Gott geweiht sein soll. Sie wiederzubeleben ist kein nostalgischer Akt, sondern ein zutiefst prophetischer.

In einer Welt, die Heilung braucht, sind Fasten, Gebet und Dankbarkeit mächtige geistliche Waffen. Und in der katholischen Tradition war diese Weisheit schon immer da. Wir müssen nur zu ihr zurückkehren.

„Kehrt um zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, Weinen und Klagen.“
(Joel 2,12)


Kehre zurück zu den Quatembertagen!

Denk daran: Gott will nicht nur deine Seele. Er will deine Zeit.
Wirst du Ihm die Jahreszeiten deines Lebens schenken?


Bist du bereit, die nächsten Quatembertage zu feiern?
Fang mit einer kleinen Geste an: Markiere dir diese drei Tage im Kalender. Weihe sie Gott. Du wirst sehen, wie Er deine Zeit – und dein Herz – verwandelt.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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