„Was vor der Welt schwach ist, das hat Gott erwählt, um das Starke zu beschämen“ (1 Kor 1,27). Diese Worte des heiligen Paulus werden lebendig in einem der erstaunlichsten Ereignisse der Kirchengeschichte: dem Konklave von 1241, auch bekannt als das „Wunder-Konklave“, in dem die göttliche Vorsehung auf außergewöhnliche Weise durch die unschuldige Stimme eines Kindes eingriff.
In einer Zeit der Krise, der Spaltung und von Machtkämpfen erinnerte Gott seine Kirche daran, dass Er – und nicht die Menschen – das Steuer des Schiffes Petri führt. Diese Geschichte, von vielen vergessen aber voll ewiger Lehren, spricht von Demut, Vertrauen in das Übernatürliche und der Kraft des Gebets.
I. Der historische Kontext: Eine Kirche in der Krise
Um die Bedeutung dieses Ereignisses zu verstehen, müssen wir ins Europa des 13. Jahrhunderts zurückkehren. Die Kirche durchlebte turbulente Zeiten:
- Der Konflikt zwischen Papsttum und Kaisertum: Friedrich II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, lag im Streit mit Papst Gregor IX., der ihn wegen gebrochener Kreuzzugsversprechen exkommuniziert hatte.
- Die Gefahr eines Schismas: Die Fraktionen im Kardinalskollegium waren gespalten zwischen denen, die eine harte Linie gegen Friedrich II. befürworteten, und denen, die Versöhnung suchten.
- Die Dringlichkeit einer Papstwahl: Gregor IX. war am 22. August 1241 gestorben, und der leere Stuhl Petri musste schnell besetzt werden, um den Zusammenbruch der päpstlichen Autorität zu verhindern.
In dieser angespannten Atmosphäre schlossen sich 19 Kardinäle im Septizonium-Palast in Rom ein, um den neuen Nachfolger Petri zu wählen. Doch was ein schneller Prozess hätte sein sollen, wurde zu einer monatelangen Qual.
II. Das dramatischste Konklave der Geschichte
Das Konklave begann im September 1241, kam aber wegen politischer Streitigkeiten schnell zum Stillstand. Friedrich II., der einen Papst fürchtete, der ihn weiter bekämpfen würde, ließ zwei Kardinäle gefangennehmen und übte Druck auf andere aus. Die erstickende Hitze, unhygienische Bedingungen und mangelnde Einigkeit führten dazu, dass mehrere Kardinäle schwer erkrankten.
Die Situation war verzweifelt:
- Ein Kardinal starb während der Einschließung.
- Andere wurden schwer krank.
- Die Fraktionen blieben gespalten und konnten keine Zweidrittelmehrheit erreichen.
Dann, nach den Chroniken der Zeit (wie denen von Matthäus Paris und den Annalen von Rom), geschah das Unerwartete.
III. Das Wunder der Wahl: Ein Kind, geführt vom Heiligen Geist
Angesichts der Sackgasse entschieden sich die Kardinäle für einen Akt der Demut und des Glaubens: Sie baten Gott um ein Zeichen. Der Überlieferung nach vereinbarten sie, dass der nächste Mann, der den Raum betreten würde, den Namen des neuen Papstes bestimmen sollte.
In diesem Moment trat ein Kind (einige Quellen sagen ein junger Mönch oder ein Sakristan) in den Saal. Die Kardinäle hielten ihr Versprechen und fragten ihn:
„Wer soll der neue Papst sein?“
Das Kind antwortete ohne zu zögern mit einem Namen: „Coelestin“.
Die Kardinäle, erstaunt, deuteten dies als göttliche Eingebung. Doch es gab ein Problem: Keiner von ihnen hieß Coelestin.
Nach einigem Nachdenken erinnerten sie sich, dass unter ihnen Goffredo da Castiglione war, ein alter und frommer Kardinal, der in seiner Jugend als Mönch den Ordensnamen Coelestin angenommen hatte.
Ergriffen von dem, was sie als übernatürliches Eingreifen sahen, wählten sie ihn einstimmig. So wurde am 25. Oktober 1241 Coelestin IV. der neue Papst.
IV. Die theologische Bedeutung: Gott spricht durch die Kleinen
Dieses außergewöhnliche Ereignis lehrt uns tiefe Lektionen:
- Demut als Weg zur göttlichen Macht
- Die Kardinäle demütigten sich in ihrer Verzweiflung vor Gott und erkannten, dass sie ohne Ihn die Kirche nicht regieren konnten.
- Wie das Evangelium sagt: „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Lk 14,11).
- Die Unfehlbarkeit der Vorsehung
- Gott verlässt seine Kirche nicht. In den dunkelsten Stunden handelt Er auf unerwartete Weise.
- Das Kind, ein Symbol der Reinheit, wurde zum Werkzeug des Heiligen Geistes und erinnerte daran, dass „das Himmelreich denen gehört, die wie diese Kinder sind“ (Mt 19,14).
- Autorität kommt von Gott, nicht von Menschen
- Auch wenn Konklaven menschlichen Spannungen unterliegen, liegt die endgültige Wahl in Gottes Hand.
V. Was lehrt uns das „Wunder-Konklave“ heute?
In unserer Zeit, in der die Kirche mit Spaltungen, Säkularismus und einer Glaubenskrise konfrontiert ist, ist diese Geschichte ein Aufruf, der Vorsehung zu vertrauen.
- Angesichts interner Kämpfe: Erinnern wir uns, dass Gott Wunder wirken kann, wenn Menschen sich seinem Willen unterwerfen.
- In Zeiten der Mutlosigkeit: Wie 1241 führt Christus seine Kirche weiter, selbst durch den Sturm.
- Gegen die Versuchung der Macht: Wahre Größe liegt in der Heiligkeit, nicht im politischen Einfluss.
Schlussfolgerung: Eine Botschaft für heute
Das Wunder-Konklave ist nicht nur eine historische Anekdote – es ist eine Einladung zu glauben, dass Gott die Geschichte der Kirche weiterhin mit Strichen des Unmöglichen schreibt.
Heute wie damals kann Er durch die unerwartetsten Mittel wirken: ein Kind, einen Traum, eine Geste der Demut. Denn wie der heilige Johannes Chrysostomus sagte:
„Die Kirche gehört Christus, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18).
Sind wir bereit, wie diese Kardinäle, auf Gottes Stimme selbst im Kleinsten zu hören?
Möge das Konklave von 1241 uns zu Vertrauen, Gebet und der Gewissheit inspirieren, dass Gott in den dunkelsten Stunden ein Wunder bereithält.
„Der Glaube kommt vom Hören, das Hören aber durch das Wort Christi“ (Röm 10,17).
Werden Sie es hören?