Der „Rote Papst“ vs. der „Schwarze Papst“: Der unsichtbare Kampf der Ordensgemeinschaften im Konklave

Ein spiritueller Leitfaden zum Verständnis der tiefen Bewegungen, die das Leben der Kirche prägen


Einleitung: Jenseits der Farben – der Kampf um die Seele der Kirche

Wenn sich die Kardinäle hinter verschlossenen Türen in der Sixtinischen Kapelle versammeln, um einen neuen Papst zu wählen, hält die Welt den Atem an. Doch was für viele wie eine feierliche Wahl erscheint, ist für andere auch der Höhepunkt eines Kampfes, der seit Jahren – ja, seit Jahrhunderten – andauert. Im Zentrum dieses stillen und geistlichen Ringens stehen zwei kraftvolle Figuren des Katholizismus: der „Rote Papst“ (der Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, traditionell mit den Missionsinteressen verbunden) und der „Schwarze Papst“ (der Generalobere der Gesellschaft Jesu – so genannt wegen seiner schwarzen Soutane und seines weltweiten Einflusses).

Obwohl keiner von beiden buchstäblich Papst ist, verkörpern sie zwei unterschiedliche Weisen, wie die Kirche ihre Sendung, ihre Autorität und ihre Gegenwart in der Welt versteht. Dieser Artikel will keine Verschwörungstheorien fördern, sondern eine theologische, historische und pastorale Reflexion darüber anbieten, wie wichtige Entscheidungen innerhalb der Kirche entstehen – und was wir daraus für unser eigenes geistliches Leben lernen können.

„Denn wir kämpfen nicht gegen Wesen aus Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte der Finsternis, gegen die Gewalten und Mächtigen, die über diese Welt herrschen, gegen die bösen Geister in den Himmeln.“
Epheser 6,12


I. Historischer Ursprung zweier kirchlicher Symbole

Wer ist der „Rote Papst“?

Mit dem Begriff „Roter Papst“ bezeichnet man umgangssprachlich den Präfekten der Kongregation (heute Dikasterium) für die Evangelisierung der Völker, früher bekannt als „Propaganda Fide“. Diese Institution wurde 1622 von Papst Gregor XV. gegründet und war für die weltweite Missionsarbeit der Kirche zuständig – besonders in Regionen, in denen das Christentum noch unbekannt war.

Die rote Farbe stammt von der Kardinalstracht des Präfekten. Seine Rolle war jedoch nicht nur pastoral, sondern auch strategisch – als Aufseher über die Verbreitung des Glaubens in politisch und geistlich sensiblen Gebieten.

Und wer ist der „Schwarze Papst“?

Der „Schwarze Papst“ ist der Generalobere der Jesuiten, der 1540 von Ignatius von Loyola gegründeten Gesellschaft Jesu. Die Bezeichnung stammt von der schwarzen Soutane des Ordens, aber auch von dessen weitreichendem Einfluss – in Bildung, Diplomatie, Theologie und nicht selten auch in der Politik. Die Jesuiten waren über Jahrhunderte hinweg treue Verteidiger des Papsttums, aber ebenso Vordenker in Theologie und kirchlicher Modernisierung.


II. Der innere Spannungsbogen: Missionarische vs. reformerische Vision

Diese beiden Figuren stehen symbolisch für zwei große Seelen der Kirche:

  • Der „Rote Papst“ verkörpert eine nach außen gerichtete, missionarische und lehramtlich geprägte Kirche, die die katholische Glaubenslehre treu bewahren und weitergeben will.
  • Der „Schwarze Papst“ steht für eine nach innen gerichtete, reformerische und dialogorientierte Kirche, die sich bemüht, mit der Welt im Gespräch zu bleiben, ohne das Wesentliche zu verlieren.

Diese Spannung ist nicht notwendigerweise negativ. Die Kirche – als Leib Christi – braucht beide Lungenflügel: die Standfestigkeit im Glauben und die Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu deuten. Doch wenn ein Pol den anderen dominiert, führt das zu einem Ungleichgewicht, das in die Krise führen kann.


III. Das Konklave: Ein geistliches Schlachtfeld

Wenn es zur Papstwahl kommt, treffen diese Visionen im Konklave aufeinander – vermittelt durch die Kardinäle, von denen viele Ordensleuten angehören oder stark von Ordensgemeinschaften geprägt sind. Manche vertreten eine stärker lehramtlich-hierarchische Kirche, andere eine pastorale, synodale Kirche. Hier zeigt sich das Konklave als ein geistlicher Kampfplatz, verborgen vor den Augen der Welt.

Es ist kein bloßes Machtspiel, sondern ein theologischer Kampf:

  • Wie soll die Kirche im 21. Jahrhundert aussehen?
  • Soll sie die Tradition bewahren oder neue Wege des Dialogs mit der Moderne eröffnen?
  • Soll sie ihre hierarchische Struktur festigen oder sich synodal erneuern?

IV. Und was ist mit dem Volk Gottes? Bedeutung für die Gläubigen

Dieser Kampf geht uns alle an. Die Spannung zwischen Treue und Erneuerung ist auch in unseren Gemeinden, Familien und Herzen spürbar. Viele Gläubige sind verunsichert: Wem sollen wir glauben? Wie sieht das wahre Gesicht der Kirche aus? Wie können wir den Glauben inmitten solcher Spannungen leben?

Die wichtigste pastorale Antwort lautet: Kehrt zurück zu Christus als Mitte. Weder der „Rote Papst“ noch der „Schwarze Papst“ sind unser Erlöser. Christus allein ist Herr. Wie der Katechismus lehrt: „Maria ist das höchste Vorbild des Glaubens“ (KKK 149) – nicht ein Ideologe oder Funktionär.


V. Theologische Schlüssel zur Einheit in der Vielfalt

  1. Die Kirche ist eins und vielfältig
    • „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist.“ (1 Korinther 12,4)
    • Die Vielfalt an Ordensgemeinschaften, geistlichen Bewegungen und theologischen Strömungen gehört zum lebendigen Wirken des Heiligen Geistes. Nicht jede Differenz ist eine Spaltung.
  2. Der Heilige Geist wirkt im Konklave
    • Auch wenn die Kardinäle Menschen mit Fehlern sind, glaubt die Kirche, dass der Heilige Geist in der Papstwahl wirkt. Nicht immer wird der „beste“ Mann gewählt, aber immer einer, den Gott zulässt – für einen größeren Plan.
  3. Tradition und Erneuerung schließen sich nicht aus
    • Papst Benedikt XVI. sprach von der „Hermeneutik der Kontinuität“. Wahre Reform entsteht aus einer treuen Lesung der lebendigen Überlieferung, nicht aus einem Bruch.
  4. Laien spielen eine zentrale Rolle
    • Wir dürfen nicht alles von der Hierarchie erwarten. Jeder Getaufte ist berufen, den Glauben zu leben und zu bewahren – als „Salz der Erde und Licht der Welt“ (Matthäus 5,13–14).

VI. Praktische Anwendungen: Was können wir tun?

1. Betet unablässig für die Kirche

„Betet ohne Unterlass!“ (1 Thessalonicher 5,17)

Unsere erste Berufung ist es, für unsere Hirten zu beten – für den Papst, die Kardinäle, die Ordensleute und alle Gläubigen.

2. Vertieft euren Glauben

Verwirrung entsteht oft aus Unwissenheit. Lest den Katechismus, studiert die Heilige Schrift, lernt die Kirchengeschichte. So bleibt ihr standhaft in der Wahrheit.

3. Lebt die Einheit in der Liebe

Auch wenn Spannungen in der Kirche spürbar sind, vermeidet parteiisches Denken. Baut Einheit in eurer Familie, Gemeinde, Umgebung – in Demut und Treue zum Lehramt.

4. Geistliche Unterscheidung

Nicht alles, was modern klingt, ist vom Geist, und nicht alles Alte ist automatisch treu. Prüft alles im Licht des Evangeliums und in der Gemeinschaft mit der Kirche.

5. Evangelisiert durch euer Leben

Sowohl der „Rote Papst“ als auch der „Schwarze Papst“ stehen für missionarisches Wirken. Und ihr? Evangelisiert ihr mit eurem Leben? Eurem Vorbild? Euren Worten? Die Welt braucht Zeugen – keine Ideologen.


Schluss: Jenseits der Kämpfe – das Kreuz Christi

Die Geschichte der Kirche ist voll von Kämpfen, Spannungen, Spaltungen und Reformen. Aber auch voll von Heiligen, Märtyrern und Missionaren, die – unabhängig von kirchlichen Machtspielen – für Christus lebten und starben.

Heute sind wir aufgerufen, treu und mutig zu sein. Die Kirche braucht weder rote noch schwarze Päpste – sie braucht Christen mit brennendem Herzen, die den Glauben mit Freude leben, die Wahrheit sagen und ohne Angst lieben.

„Wacht, steht fest im Glauben, seid mutig und stark! Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
1 Korinther 16,13–14


Pastoral-theologischer Leitfaden für Leser

BereichKonkrete HandlungTheologische Grundlage
GebetTägliches Gebet für den Papst und die Einheit der Kirche„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)
BildungTäglich 10 Minuten Katechismus oder Bibel lesen„Mein Volk geht zugrunde aus Mangel an Erkenntnis.“ (Hosea 4,6)
GemeinschaftTeilnahme an Gebetsgruppen, Anbetung, Rosenkranz„Alle verharrten einmütig im Gebet.“ (Apg 1,14)
MissionKatholische Inhalte online teilen mit Respekt und Klarheit„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15)
UnterscheidungBei Fragen geistliche Begleitung suchen„Wer euch hört, der hört mich.“ (Lk 10,16)

Epilog: Deine Rolle in der Geschichte der Kirche

Du bist kein bloßer Zuschauer. Du bist ein lebendiges Glied am Leib Christi. Egal ob du in der Stadt lebst oder auf dem Land, im Krankenhaus, im Gefängnis oder zu Hause – genau dort kannst du die Kirche erneuern. Nicht durch Macht, sondern durch Liebe.

Denn der wahre Kampf wird nicht in der Sixtinischen Kapelle ausgetragen…
Er wird in deinem Herzen entschieden.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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