Jeden Advent füllen sich christliche Haushalte auf der ganzen Welt mit einer Tradition, die uns mit dem Kern des Weihnachtsgeheimnisses verbindet: die Krippe. Unter den Figuren, die sie schmücken, ziehen zwei scheinbar nebensächliche Charaktere oft unsere Aufmerksamkeit auf sich: der Ochse und der Esel. Diese bescheidenen Tiere, die stets in der Nähe der Krippe zu finden sind, in der das Jesuskind liegt, sind eine konstante Präsenz in der christlichen Tradition. Aber welche Bedeutung haben sie? Was lehren sie uns heute in einer Welt, die so anders ist als Bethlehem vor über zweitausend Jahren?
Historische Ursprünge von Ochse und Esel in der Krippe
Interessanterweise erwähnen die kanonischen Evangelien (Matthäus und Lukas, die einzigen, die die Geburt Jesu erzählen) weder den Ochsen noch den Esel explizit in der Krippe. Woher stammt also diese Tradition? Die Antwort liegt im Alten Testament und in der reichen christlichen Überlieferung, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat.
Im Buch Jesaja (1,3) heißt es: „Ein Ochse kennt seinen Besitzer und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt es nicht, mein Volk hat keine Einsicht.“ Dieser prophetische Vers wurde von den Kirchenvätern als Vorausdeutung auf die Demut und den Gehorsam interpretiert, die die Geburt Christi umgeben sollten. Der Ochse und der Esel symbolisieren diejenigen, die, obwohl sie als einfach oder unbedeutend gelten, ihren Herrn erkennen und bei seiner Ankunft anwesend sind.
Darüber hinaus wird in den apokryphen Evangelien, wie dem Protoevangelium des Jakobus und dem Evangelium des Pseudo-Matthäus, die Anwesenheit dieser Tiere in der Nähe der Krippe ausdrücklich erwähnt, was ihre Aufnahme in Darstellungen der Geburt Christi stärkte. Diese Berichte gehören zwar nicht zum biblischen Kanon, beeinflussten jedoch die christliche Kunst und Tradition erheblich und machten Ochse und Esel zu unverzichtbaren Figuren in der Krippe.
Theologische und spirituelle Symbolik von Ochse und Esel
Der Ochse und der Esel sind keine willkürlichen Figuren; ihre Anwesenheit in der Krippe trägt eine tiefgehende theologische und spirituelle Bedeutung:
- Demut und Dienst: Der Ochse, ein Arbeitstier und Lastenträger, steht für Demut und selbstlosen Dienst. Im Kontext der Krippe erinnert uns seine Nähe zum Jesuskind daran, dass der Sohn Gottes in einer Atmosphäre der Einfachheit in die Menschheit eingetreten ist und Kleinheit und Dienst von seiner Geburt an umarmte.
- Dualität der Menschheit: Der Esel, ein hybrides und unfruchtbares Tier, wurde in der christlichen Tradition als Darstellung der Menschheit gesehen, die fern von Gott lebt, während der Ochse diejenigen symbolisiert, die ihre Abhängigkeit vom Schöpfer erkennen. Dennoch teilen beide Tiere den Raum der Krippe, was zeigt, dass Christus gekommen ist, um die gesamte Menschheit zu erlösen, unabhängig von ihrer Verfassung.
- Erkennung durch die Demütigen: Im Gegensatz zu den Mächtigen dieser Welt sind die Tiere der Krippe die ersten, die dem Retter nahe sind. Dies unterstreicht die Botschaft des Evangeliums, dass das Reich Gottes den Einfachen und Demütigen im Herzen gehört.
Der Ochse und der Esel in der künstlerischen und liturgischen Tradition
Im Laufe der Jahrhunderte hat die christliche Kunst den Ochsen und den Esel in unzähligen Gemälden, Skulpturen und Krippen verewigt. Künstler wie Giotto in seinen Fresken in der Basilika von San Francesco in Assisi oder El Greco in seinen Darstellungen der Geburt Christi zeigen sie als stille, aber eindrucksvolle Zeugen des Geheimnisses der Menschwerdung.
Im 13. Jahrhundert hat der heilige Franz von Assisi, der als Schöpfer der ersten lebendigen Krippe gilt, den Ochsen und den Esel ausdrücklich in seine Nachstellung der Geburt Christi aufgenommen und so ihren Platz in der populären christlichen Tradition gefestigt.
Obwohl die Liturgie diese Tiere nicht direkt erwähnt, spiegelt sich der Geist ihrer Symbolik in den Texten und Gesängen der Weihnachtszeit wider, die Demut und Anbetung vor dem Geheimnis des menschgewordenen Gottes betonen.
Lektionen für die heutige Welt
In einer Welt, die von Eile, Materialismus und spiritueller Entfremdung geprägt ist, laden uns der Ochse und der Esel ein, innezuhalten und nachzudenken. Diese Tiere lehren uns durch ihre Einfachheit tiefe Wahrheiten:
- Das Wesentliche wertschätzen: In der Krippe geschieht Großes in der Kleinheit. Der Ochse und der Esel erinnern uns daran, dass wahrer Reichtum nicht im Materiellen liegt, sondern darin, die Gegenwart Gottes im Alltag zu erkennen.
- Einheit in der Vielfalt: Ihr gemeinsames Dasein in der Krippe symbolisiert, dass wir trotz unserer Unterschiede alle dazu berufen sind, Christus näherzukommen. In einer geteilten Welt bietet die Krippe ein Bild der Versöhnung und des Friedens.
- Der Wert von Stille und Kontemplation: Inmitten des weihnachtlichen Trubels bleiben der Ochse und der Esel still und betrachten das Kind. Diese Geste lädt uns ein, Momente der inneren Ruhe zu pflegen, um Gott zu begegnen.
Die Krippe als lebendige Katechese
Papst Franziskus ermutigt uns in seinem apostolischen Schreiben Admirabile Signum über die Bedeutung und den Wert der Krippe, die Krippe als eine „lebendige Katechese“ zu betrachten. Jede Figur, einschließlich des Ochsen und des Esels, hilft uns, das Geheimnis der Menschwerdung tiefer zu erfassen und den Glauben von Generation zu Generation weiterzugeben.
In den Worten des Papstes: „Die Krippe erinnert uns daran, dass Gott, wie in Bethlehem, dort geboren wird, wo das Leben am härtesten erscheint, wo es keine Hoffnung gibt, aber dass er auch die Macht hat, alles zu verwandeln.“ In dieser Verwandlung bezeugen der Ochse und der Esel, wie Einfachheit und Demut zum Ort werden, an dem Gott wohnt.
Fazit
Der Ochse und der Esel, obwohl scheinbar nebensächlich, spielen eine zentrale Rolle in der Botschaft von Weihnachten. Sie lehren uns, Gott in den kleinen Dingen zu erkennen, die Demut zu schätzen und uns dem Retter mit einem einfachen Herzen zu nähern. Wenn wir in diesem Jahr unsere Krippe vorbereiten, denken wir daran, dass diese bescheidenen Tiere nicht nur die Krippe schmücken, sondern uns inspirieren, mit Glaube, Hoffnung und Liebe zu leben.
Möge es uns, während wir die Krippe betrachten, gelingen, uns von der ewigen Botschaft von Weihnachten verwandeln zu lassen und, wie der Ochse und der Esel, unseren Platz neben dem Retter zu finden, stille und doch treue Zeugen seiner Liebe zu werden.