Das Gebot der Liebe: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“

Der Gründonnerstag ist ein Tag tiefer Besinnung für Christen, da er das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern, die Fußwaschung und den Moment, in dem Christus die Eucharistie einsetzte, in Erinnerung ruft. Doch einer der bewegendsten und transformativsten Aspekte dieses Tages ist das neue Gebot, das Jesus seinen Aposteln gab: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Johannes 13,34). Dieses Gebot fasst nicht nur die Essenz der Botschaft Jesu zusammen, sondern fordert uns auch heraus, ein Leben der opferbereiten Liebe, der Demut und des Dienstes zu führen. In diesem Artikel werden wir die Bedeutung dieses Gebots, seine Relevanz in unserem täglichen Leben und seine Anwendung in einer Welt, die dringend authentische Liebe braucht, untersuchen.


Der Kontext des Gebots: Das letzte Abendmahl

Das Gebot der Liebe wurde von Jesus während des letzten Abendmahls gegeben, einem intimen und tief bedeutsamen Moment. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war und dass er bald verraten, verhaftet und gekreuzigt werden würde. In diesem Kontext wählte er es, seinen Jüngern eine Botschaft mitzuteilen, die den Kern seiner Lehre darstellen sollte: die Liebe. Es handelte sich nicht um eine oberflächliche oder bedingte Liebe, sondern um eine Liebe, die seine eigene widerspiegelte – eine Liebe, die sich bis zum Äußersten hingibt.

Jesus sprach nicht nur von Liebe, er zeigte sie durch Taten. Bevor er dieses Gebot gab, wusch er seinen Jüngern die Füße, ein Akt der Demut und des Dienstes, der alle Erwartungen der Zeit sprengte. Durch diese Geste zeigte Jesus, dass wahre Liebe nicht darin besteht, Macht auszuüben oder groß zu sein, sondern darin, anderen mit einem großzügigen Herzen zu dienen.


Die Liebe Jesu: Ein Vorbild zum Nachahmen

Wenn Jesus sagt: „Wie ich euch geliebt habe“, lädt er uns ein, sein Leben als das perfekte Beispiel der Liebe zu betrachten. Die Liebe Jesu war:

  1. Bedingungslos: Jesus liebte alle, sogar diejenigen, die ihn verrieten, verleugneten oder kreuzigten. Seine Liebe hing nicht von den Handlungen anderer ab, sondern von seiner göttlichen Natur.
  2. Opferbereit: Jesus gab sein Leben für uns. Seine Liebe beschränkte sich nicht auf Worte, sondern zeigte sich in konkreten Taten, die im ultimativen Opfer am Kreuz gipfelten.
  3. Demütig: Jesus, der Gott war, wurde zum Diener. Er wusch seinen Jüngern die Füße und zeigte, dass wahre Liebe nicht darin besteht, bedient zu werden, sondern zu dienen.
  4. Vergebend: Vom Kreuz aus vergab Jesus seinen Henkern. Seine Liebe trägt keinen Groll, sondern sucht Versöhnung und Heilung.

Diese Art von Liebe sind wir berufen nachzuahmen. Es ist keine einfache oder bequeme Liebe, sondern eine Liebe, die Hingabe, Opfer und Demut erfordert.


Das neue Gebot: Warum ist es „neu“?

Jesus nennt dieses Gebot „neu“, aber warum? Das Alte Testament sprach bereits davon, den Nächsten zu lieben (3. Mose 19,18). Die Neuheit liegt im Maßstab und Vorbild dieser Liebe: „Wie ich euch geliebt habe“. Die christliche Liebe beschränkt sich nicht darauf, die zu lieben, die uns lieben oder mit denen wir uns wohlfühlen. Es ist eine Liebe, die menschliche Barrieren überwindet und sich sogar auf Feinde erstreckt (Matthäus 5,44).

Diese Liebe ist neu, weil sie auf der Gnade und Wahrheit Christi gründet. Es ist nicht nur ein Gefühl, sondern eine bewusste Entscheidung, Jesus in unserer Art, mit anderen umzugehen, nachzuahmen.


Die Liebe als Kennzeichen der Jünger Christi

Jesus sagte: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Johannes 13,35). Die Liebe ist nicht nur eine Empfehlung; sie ist das Kennzeichen der Jünger Christi. In einer Welt, die von Spaltung, Egoismus und Gleichgültigkeit geprägt ist, muss die christliche Liebe ein Licht sein, das in der Dunkelheit leuchtet.

Diese Liebe darf nicht nur innerhalb der christlichen Gemeinschaft gelebt werden, sondern muss sich auf alle erstrecken, besonders auf die Schwächsten: die Armen, die Ausgegrenzten, die Kranken und die Leidenden. Wie uns der heilige Johannes erinnert: „Wenn jemand sagt: ‚Ich liebe Gott‘, und hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner“ (1. Johannes 4,20).


Herausforderungen, das Gebot der Liebe zu leben

Dieses Gebot zu leben, ist nicht einfach. In unserem täglichen Leben sehen wir uns Situationen gegenüber, die unsere Fähigkeit zu lieben auf die Probe stellen:

  • Egoismus: Wir stellen oft unsere eigenen Bedürfnisse über die der anderen.
  • Groll: Groll zu hegen hindert uns daran, so zu lieben, wie Christus uns geliebt hat.
  • Gleichgültigkeit: In einer schnelllebigen Welt ist es leicht, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen zu übersehen.
  • Wegwerfkultur: Wir leben in einer Gesellschaft, die Menschen nach dem bewertet, was sie besitzen oder produzieren, und nicht nach dem, was sie sind.

Um diese Herausforderungen zu meistern, brauchen wir die Gnade Gottes. Die christliche Liebe ist nichts, was wir aus eigener Kraft erreichen können; sie ist ein Geschenk, das wir von Gott empfangen und im Gebet erbitten müssen.


Wie man das Gebot der Liebe in die Praxis umsetzt

  1. Anderen dienen: Indem wir dem Beispiel Jesu folgen, können wir nach Gelegenheiten suchen, anderen zu dienen, besonders den Schwächsten. Dies kann durch Freiwilligenarbeit, Nächstenliebe oder einfach dadurch geschehen, dass wir für die da sind, die uns brauchen.
  2. Vergeben: Vergebung ist ein mächtiger Ausdruck der christlichen Liebe. Vergeben bedeutet nicht, das Böse zu vergessen oder zu rechtfertigen, sondern uns vom Groll zu befreien und die Tür zur Versöhnung zu öffnen.
  3. Feinde lieben: Dies ist vielleicht der schwierigste Aspekt des Gebots Jesu. Diejenigen zu lieben, die uns verletzt haben, erfordert besondere Gnade, aber es ist mit Gottes Hilfe möglich.
  4. In Gemeinschaft leben: Die christliche Liebe wird in Gemeinschaft gelebt. Aktive Teilnahme am Leben der Kirche, Unterstützung unserer Glaubensgeschwister und der Aufbau authentischer Beziehungen sind konkrete Möglichkeiten, dieses Gebot zu leben.
  5. Über die Liebe Christi nachdenken: Die Betrachtung des Leidens Jesu hilft uns, die Tiefe seiner Liebe zu verstehen und inspiriert uns, so zu lieben wie er.

Die Auswirkung der christlichen Liebe in der Welt

Das Gebot der Liebe ist nicht nur ein spirituelles Ideal; es hat die Kraft, die Welt zu verändern. Wenn wir diese Liebe leben, werden wir zu Werkzeugen des Friedens, der Gerechtigkeit und der Versöhnung. Die christliche Liebe kann Wunden heilen, Brücken bauen und Hoffnung in eine gebrochene Welt bringen.

In einer Welt, die von Gewalt, Ungleichheit und Einsamkeit geprägt ist, ist die Liebe Christi notwendiger denn je. Wie die heilige Mutter Teresa sagte: „Wir können nicht alle große Dinge tun, aber wir können kleine Dinge mit großer Liebe tun.“


Schlussfolgerung: Ein Aufruf, wie Christus zu lieben

Das Gebot Jesu am Gründonnerstag, „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“, ist ein radikaler Aufruf, ein Leben authentischer Liebe zu führen. Diese Liebe ist kein flüchtiges Gefühl, sondern eine tägliche Entscheidung, Christus in unserer Art, mit anderen umzugehen, nachzuahmen.

An diesem Gründonnerstag bitten wir Gott um die Gnade, so zu lieben, wie er uns geliebt hat. Möge unsere Liebe ein Abbild seiner Barmherzigkeit, ein Zeugnis seiner Gegenwart in der Welt und ein Licht sein, das andere zu ihm führt. Wie uns der heilige Paulus erinnert: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe“ (1. Korinther 13,13).

Möge dieses Gebot der Liebe im Mittelpunkt unseres Lebens stehen und die Kraft sein, die uns antreibt, wahre Jünger Christi zu sein.

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

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