Achtung! Wenn „mit der Kirche fühlen“ mit persönlichen Meinungen kollidiert

In einer Welt voller Meinungen, in der jede Idee scheinbar das gleiche Gewicht wie eine ewige Wahrheit hat, wird es dringend notwendig, eine vergessene Tugend wiederzuentdecken – eine Tugend, die für ein authentisches christliches Leben unerlässlich ist: „mit der Kirche fühlen“ (sentire cum Ecclesia).
Was bedeutet dieser Ausdruck wirklich? Warum geraten unsere persönlichen Ansichten manchmal mit den Lehren der Kirche in Konflikt? Und vor allem: Wie können wir mit diesen Spannungen in Demut und Treue umgehen?

Heute lade ich dich ein zu einer tiefgehenden, einfachen und praktischen Reise, um den unschätzbaren Wert eines echten Lebens in Gemeinschaft mit der Kirche, dem mystischen Leib Christi, wiederzuentdecken.


1. Was bedeutet „mit der Kirche fühlen“?

„Mit der Kirche fühlen“ ist kein modernes Konzept. Es reicht zurück zu den ersten Christen und wurde besonders von Ignatius von Loyola in seinen Exerzitien als grundlegendes Kriterium geistlicher Unterscheidung ausgearbeitet.
Es bedeutet nicht einfach, „mit allem einverstanden zu sein“, was Menschen in der Kirche sagen (denn auch sie können sich irren), sondern mit dem tiefen Empfinden des Geistes, der die Braut Christi leitet, übereinzustimmen – im Herzen, im Geist und im Willen.

Ganz einfach gesagt: „Mit der Kirche fühlen“ heißt, zu lieben, was sie liebt, abzulehnen, was sie ablehnt, und ihrer Führung als Mutter und Lehrmeisterin zu vertrauen, auch wenn meine eigenen Gefühle oder Überlegungen dagegenstehen.


2. Biblische Wurzeln der kirchlichen Gehorsamkeit

Christus hat seine Kirche nicht als eine Gemeinschaft verstreuter Meinungen hinterlassen, sondern als einen lebendigen Leib, geführt durch den Heiligen Geist:

Wer euch hört, der hört mich; und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab“ (Lukas 10,16).

Die Autorität der Apostel, die in den Bischöfen und im Papst weiterlebt, ist nicht nur organisatorisch, sondern zutiefst sakramental: Christus selbst handelt durch sie, trotz ihrer menschlichen Begrenztheit.
Diese Autorität abzulehnen ist nicht bloß „eine andere Meinung haben“ – es ist ein geistliches Risiko, das uns von der Gemeinschaft mit Gott entfremden kann.


3. Warum geraten wir manchmal in Konflikt mit der Kirche?

Dieser Konflikt kann verschiedene legitime und menschliche Ursachen haben:

  • Unwissenheit: Wir verstehen die Lehren der Kirche nicht vollständig.
  • Kultureller Kontext: Wir sind in Ideologien eingetaucht, die dem Glauben widersprechen.
  • Persönliche Verletzungen: Negative Erfahrungen innerhalb kirchlicher Strukturen können unsere Sicht trüben.
  • Geistlicher Hochmut: Wir glauben, es „besser zu wissen“ als das Lehramt.

In jedem Fall ist eine ehrliche Gewissenserforschung unerlässlich:
Entspringt mein Widerspruch einer aufrichtigen Liebe zur Wahrheit – oder meinem eigenen Stolz? Habe ich wirklich versucht zu verstehen, oder reagiere ich nur emotional?


4. Die theologische Tiefe: Warum ist „mit der Kirche fühlen“ notwendig?

Weil die Kirche der Leib Christi ist (1 Korinther 12,27).
Echter Glaube existiert nicht ohne Gemeinschaft mit diesem Leib. Bereits im dritten Jahrhundert mahnte der heilige Cyprian von Karthago:

Wer die Kirche nicht zur Mutter hat, kann Gott nicht zum Vater haben.

Mit der Kirche zu fühlen bedeutet nicht, kritisches Denken oder Intelligenz aufzugeben, sondern zu erkennen, dass mein persönliches Urteil gereinigt, erleuchtet und bereichert werden muss durch zweitausend Jahre gelebten Glaubens.
Es ist ein Akt übernatürlicher Demut.


5. Praktischer Leitfaden: Was tun, wenn meine Ansichten mit der Kirche kollidieren?

Hier ein Weg der Unterscheidung und des Wachstums, aus theologischer und pastoraler Perspektive:

a) Demütiges Zuhören

Bevor du eine Lehre ablehnst, höre hin. Lies den Katechismus, konsultiere offizielle Dokumente, sprich mit gut ausgebildeten Priestern. Frage dich: Verstehe ich wirklich, was die Kirche lehrt und warum?

b) Unterscheidung im Gebet

Bitte den Heiligen Geist um Licht zum Verstehen. Gottes Wahrheit widerspricht niemals der wahren menschlichen Freiheit.
Bete zum Beispiel:

„Herr, reinige mein Herz von allen Vorurteilen und führe mich zur rettenden Wahrheit.“

c) Das Gewissen formen, nicht die Vorlieben

Das christliche Gewissen bedeutet nicht, zu tun, „was ich will“, sondern die objektive Wahrheit zu suchen und sich ihr anzupassen, wie es das Zweite Vatikanische Konzil lehrt (Gaudium et Spes, 16).

d) Die innere Spannung annehmen

Nicht alles löst sich sofort. Manchmal lässt Gott zu, dass wir im Glauben gehen, Spannungen tragend, als einen Akt des vertrauenden Gehorsams.

e) Einen geistlichen Begleiter suchen

Ein Beichtvater oder geistlicher Begleiter, der dem Lehramt treu ist, kann dir helfen, klarer zu sehen, wo du treu bist – und wo du vielleicht dem Subjektivismus nachgibst.

f) Die Liebe zur Kirche pflegen

Entdecke ihre Geschichte, ihre Schönheit, ihre Märtyrer, ihre Heiligen. Wer liebt, versteht besser. Schaue über menschliche Schwächen hinaus und betrachte die Kirche, wie Christus sie sieht: ohne Flecken oder Runzeln in ihrem tiefsten Wesen (vgl. Epheser 5,27).


6. Anwendungen für den Alltag

  • In deinem Gebet: Füge täglich ein Gebet für die Treue zur Kirche hinzu.
  • In deiner Lektüre: Verlasse dich nicht auf Meinungen oder soziale Medien – suche seriöse katholische Quellen.
  • In deinen Gesprächen: Vermeide aggressive Streitgespräche. Zeugnis ablegen durch ruhige Treue, auch wenn du als „rückständig“ oder „fanatisch“ abgestempelt wirst.
  • In deiner Ausbildung: Widme jede Woche Zeit, um dein Glaubenswissen zu vertiefen, um besser zu lieben.

7. Ein letzter Ratschlag

Hab keine Angst, nicht alles sofort zu verstehen. Glaube ist keine Sammlung intellektueller Zustimmungen, sondern eine lebendige Beziehung des Vertrauens zu Gott, der sich durch seine Kirche offenbart.
Mit ihr zu gehen, auch wenn nicht alles klar ist, gehört zum Geheimnis des Lebens „im Gehorsam des Glaubens“ (Römer 1,5).

Denke immer daran: Christus trennt sich nicht von seiner Kirche, auch wenn die Menschen in ihr sündigen oder Fehler machen.
Wer mit ihr vereint bleibt, bleibt mit Ihm vereint.


Schlussfolgerung

Heute, mehr denn je, in einer Welt wechselnder Meinungen, ruft Gott uns zu einem reifen und festen Glauben – gegründet nicht auf flüchtige Gefühle, sondern auf den festen Felsen des kirchlichen Lehramtes.

Mit der Kirche zu fühlen bedeutet nicht, seine Freiheit zu verlieren, sondern die wahre Freiheit zu entdecken, die aus der Wahrheit geboren wird.

Vertraue auf die Weisheit deiner Mutter. Umarme die Lehre deiner Braut. Gehe im vertrauenden Gehorsam.
So wirst du, auch wenn die Welt dich verurteilt, in der rettenden Wahrheit bleiben.

Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8,32).

Über catholicus

Pater noster, qui es in cælis: sanc­ti­ficétur nomen tuum; advéniat regnum tuum; fiat volúntas tua, sicut in cælo, et in terra. Panem nostrum cotidiánum da nobis hódie; et dimítte nobis débita nostra, sicut et nos dimíttimus debitóribus nostris; et ne nos indúcas in ten­ta­tiónem; sed líbera nos a malo. Amen.

Auch ansehen

Der verschwiegene Eid: Was Kardinäle vor dem Leichnam eines verstorbenen Papstes geloben

Einführung: Ein geheimes Ritual im Herzen des Vatikans Während die Welt die öffentlichen Zeremonien eines …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: catholicus.eu